Wegen des demografischen Ungleichgewichts hat die Rente ein wachsendes Finanzierungsproblem. Vor allem die Jungen sollen zahlen. © Jens Büttner/dpa
Berlin – Fast 270 000 Menschen sind im vergangenen Jahr als besonders langjährig Versicherte früher ohne Abschläge in Rente gegangen. Die Zahl wirft ein Schlaglicht auf das zunehmende Problem der Rentenfinanzierung.
Bereits Mitte Juni hatte das arbeitgeberfreundliche Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit einer Studie Alarm geschlagen, nach der fast jeder zweite Babyboomer im Rentenalter bisher generell vorzeitig in Rente gegangen ist. Bezogen auf alle Angehörigen des jeweiligen Geburtsjahrgangs, ist das ein Anteil von 44 Prozent, bezogen auf die Neurentner mehr als 55 Prozent.
Die derzeit beginnende Übertrittswelle von geburtenstarken Babyboomer-Jahrgängen ins Rentenalter ist der Hauptgrund, weshalb die Rente von der Politik als akute Herausforderung gesehen wird. Wenn die Rente wie geplant stabil gehalten werden soll, droht der Finanzbedarf deutlich zu steigen. Und zwar je stärker, desto mehr Menschen früher als regulär aus dem Arbeitsleben ausscheiden.
Dazu kommt die Kopplung an die Löhne: Bereits jetzt ist die gesetzliche Rente in den vergangenen zehn Jahren deutlich um rund 37 Prozent gestiegen. Bei Männern im Westen lag die durchschnittliche Rentenzahlung 2024 bei 1934 Euro. 2023 waren es 1859 Euro gewesen.
Bei 28 Prozent aller neu beginnenden Altersrenten gab es vergangenes Jahr Abschläge. Sie gelten für den gesamten Bezug der Rente. Im Schnitt starteten die Betroffenen 32 Monate vor Erreichen der Regelaltersgrenze in die Rente. Die Abschläge betragen 0,3 Prozent für jeden Monat, um den der Rentenbeginn vorgezogen wird.
Vergangenes Jahr wurden rund 18,9 Millionen Altersrenten gezahlt, wie Jens Wohlfeil, Co-Vorstandschef der Deutschen Rentenversicherung Bund, sagte. „Dies ist ein neuer Höchststand.“ Die Rentenversicherung gab demnach 286 Milliarden Euro dafür aus.
Wohl auch an die Adresse der schwarz-roten Koalition sagte Wohlfeil: „Diese Summe verdeutlicht die Bedeutung einer soliden, verlässlichen und generationengerechten Finanzierung der Rentenversicherung.“ Union und SPD wollen in den nächsten Wochen unter anderem eine künftige Absicherung des Rentenniveaus für die kommenden Jahre auf den Weg bringen. Dann soll sich eine neuerliche Rentenkommission Gedanken über die Zukunft machen.
Von der Rentenkasse bekommen die Verantwortlichen schon einmal eine Mahnung auf den Weg: „Hierbei darf die Politik die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler nicht aus den Augen verlieren, auch um die Akzeptanz des gesamten Systems nicht zu gefährden“, sagte Wohlfeil. Laut Rentenversicherungsbericht 2024 drohen die Rentenbeiträge ohne neue Gesetze bis 2038 von heute 18,6 auf 21,4 Prozent zu steigen.
Rentenbeiträge über 21 Prozent?
Auch der Ökonom und Regierungsberater Martin Werding kritisierte die Rentenpläne der schwarz-roten Regierung als kostspielig und ungerecht gegenüber nachfolgenden Generationen. „Das sind nicht die Reformen, mit denen man die Ausgabenentwicklung auf sozialverträgliche Weise dämpfen könnte“, sagte Werding der „Süddeutschen Zeitung“ und bezog sich damit auch auf die geplante Ausweitung der Mütterrente. „Das ist die falsche Richtung.“
„Der Beitrag der Älteren war bisher der Anstieg des Rentenalters auf 67 Jahre und das Sinken des Rentenniveaus“, sagte Werding. Beides werde nun gestrichen. „Von da an zahlen nur noch die Jüngeren.“ Die Bundesregierung will das Rentenniveau laut Koalitionsvertrag auf dem jetzigen Niveau stabilisieren und die Mütterrente ausbauen. Rentner, die weiter arbeiten, sollen bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen.
Die Vergünstigung soll den Fachkräftemangel bekämpfen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln.