Streit um spanischen Blackout

von Redaktion

Der spanische Netzbetreiber steht unter Druck. © dpa

Weshalb gab es in Spanien am 28. April einen flächendeckenden Stromausfall? Relativ klar scheint: Auf große Schwingungen im Netz folgte ein Zusammenbruch der Spannung – und damit die kaskadenhafte Abschaltung aller Kraftwerke. Über die Gründe scheiden sich die Geister: Einigen Berichten zufolge waren Solaranlagen die Ursache – während andere konventionelle Kraftwerke verdächtigen.

Der spanische Übertragungsnetzbetreiber Red Eléctrica (REE) macht in einem aktuellen Bericht die 500 Megawatt (MW) starke PV-Anlage „Núñez de Balboa“ des Energieriesen Iberdrola für den Ausfall verantwortlich. Sie hätte die Überspannung im Netz verursacht.

Iberdrola schoss direkt zurück: Das „rücksichtslose und fahrlässige“ Management der REE sei schuld. Auch die spanische Regierung macht das Netzmanagement verantwortlich: „Es fehlten Kapazitäten zur Spannungsregelung, entweder weil sie nicht ausreichend programmiert waren oder weil die programmierten Kapazitäten nicht den Vorschriften entsprachen. Oder eine Kombination aus beidem“, wie das Magazin „Stern“ Spaniens Ökologie-Ministerin zitiert.

Auch Leonhard Probst hat Zweifel. Er verantwortet am Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme die Datenbank Energy-Charts. „Der Übertragungsnetzbetreiber ist für den sicheren Betrieb des Netzes zuständig. Es ist ungewöhnlich, dass er vor dem offiziellen Untersuchungsbericht eine Pressemitteilung mit Vorwürfen veröffentlicht.“

Grundsätzlich sei das Phänomen auch ohne Solarstrom möglich: „Es gab 2016 im Dezember bereits vergleichbare Schwingungen im spanischen Netz, als es kaum Solarstromerzeugung gab“. Denn das europäische Netz muss immer mit etwa 50 Hertz schwingen. Diese Frequenz entsteht üblicherweise, indem sich schwere Kraftwerksgeneratoren synchron zu dieser Frequenz drehen. „Ungünstige Schwingungen entstehen etwa, wenn Kraftwerke über längere Leitungen miteinander verbunden sind.“, so Probst. „2016 hat Spanien die Stromexporte nach Frankreich reduziert und die Schwingungen so dämpfen können.“

Das ist im April nicht gelungen: „REE hat Maßnahmen gegen die Frequenzschwingungen ergriffen, die sich aber gleichzeitig negativ auf die Spannungsregelung ausgewirkt haben.“ Normalerweise nutzen Netzbetreiber konventionelle Kraftwerke, aber auch spezielle Betriebsmittel wie große Drosselspulen, um Spannungsschwankungen aufzufangen. „Es hat viel damit zu tun, wie die Anlagen geschaltet werden – und wenig mit den Erzeugungstechnologien am Netz“, so Probst. „Die Frage ist jetzt, ob REE genug technische Puffer angefordert und die Anlagen richtig geschaltet hatte.“ Die spanische Regierung vermutet, dass einige konventionelle Kraftwerke ihre Leistungen nicht erbracht hätten.

Leonhard Probst schränkt aber ein: „Der Fall wird gerade unabhängig von einer Kommission der europäischen Übertragungsnetzbetreiber untersucht. Bisher fehlen uns noch die Daten für einen abschließenden Befund.“MAS

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