Autobauer schmieden Software-Allianz

von Redaktion

Eine ganze Branche tut sich zusammen, um den US-Hightech-Riesen – namentlich Google – entgegenzutreten. © Marijan Murat/dpa

München – Wer gute Autos bauen will, braucht mittlerweile mehr als nur exakte Spaltmaße, kräftige Motoren oder schönes Design. Moderne Autos sind Computer auf Rädern, die über eigene Betriebssysteme verfügen. Und die Software in den Fahrzeugen wird immer komplexer. Sie reicht vom Infotainment über Assistenten mit Künstlicher Intelligenz bis hin zu Datenauswertung, Sicherheitssystemen und autonomem Fahren.

Gemeinsame Entwicklung

Für die Hersteller und ihre Zulieferer ist das ein enormer Entwicklungs- und Aktualisierungsaufwand – den die deutsche Autoindustrie künftig zumindest in Teilen gemeinsam schultern will. Das soll der Branche auch helfen, langfristig gegen riesige Tech-Konzerne wie Google zu bestehen.

Beim Automobil-Elektronik-Kongress in Ludwigsburg haben am Dienstag deshalb deutsche Autokonzerne ihre Absicht bekundet, bei der Software-Entwicklung zusammenzuarbeiten. Unter den elf Unterzeichnern sind neben den großen deutschen Herstellern Volkswagen, BMW und Mercedes auch die wichtigen Zulieferer Bosch, Continental und ZF Friedrichshafen. Angestoßen hat das Projekt der deutsche Automobilverband VDA. Schon 2026 soll für alle Mitglieder eine gemeinsame Basissoftware für die Entwicklung einer Plattform zum autonomen Fahren zur Verfügung stehen.

Der Vorteil: Es muss nicht mehr jedes Unternehmen im Alleingang an kniffligen Software-Lösungen tüfteln und dafür viel Geld und Zeit aufwenden. Zudem wird auch die jahrelange Pflege und Aktualisierung der digitalen Produkte stärker im Verbund vorgenommen, was ebenfalls Ressourcen freigibt. Im Gegenzug büßen die Autobauer zumindest einen Teil ihrer Eigenständigkeit ein. Die Mitglieder sollen bereits entwickelte Software in den gemeinsamen Pool einbringen und auch neue Bausteine für die Gruppe entwickeln. In jedem Bereich wird dann die beste Lösung ausgewählt, für die Basissoftware zur Verfügung gestellt und weiterentwickelt.

Das alles passiert als Open-Source-Modell. Das heißt, der Quellcode ist nicht geheim, sondern für jedermann einsehbar – auch für Konkurrenten. So werden laut VDA unter anderem kartellrechtliche Bedenken ausgeräumt.

Quellcode für alle offen

Einen Einheitsbrei bei der Autosoftware befürchtet der VDA dennoch nicht. Zum einen würden Autofahrer von einem Großteil der Software in ihren Fahrzeugen nichts mitbekommen: etwa von der Diagnosesoftware, von Vorkehrungen zur Cybersicherheit, Schnittstellen für Cloud-Anwendungen oder Tools zur Auswertung von Fahrdaten. Zum anderen müssen Mitglieder nicht alle Software-Module nutzen, sondern können abwägen, wo sich eine eigene Entwicklung lohnt – und wo nicht. Sie dürften künftig vor allem dort eigene Akzente setzen, wo der Fahrer wie bei Assistenzsystemen oder Infotainment direkt mit der Software in Kontakt kommen. Wie viel Energie die Mitglieder am Ende wirklich in das Gemeinschaftsprojekt stecken, muss sich erst zeigen.

Angst um Daten und Technik

Obwohl die Initiative bislang nur aus deutschen Firmen besteht, ist eine Ausweitung auf europäische und internationale Hersteller wie Stellantis angepeilt. Immerhin haben sie das gleiche Ziel wie VW, BMW und Mercedes: im immer härter werdenden globalen Wettbewerb bestehen und Konkurrenten wie Google aus dem Auto halten. Nachdem bereits über zwei Drittel der Handys weltweit mit Googles Android-Betriebssystem ausgerüstet sind, hat die US-Datenkrake auch Fahrzeuge als Geschäftsfeld entdeckt und dringt mit ihren Tentakeln immer weiter in die Autos vor.

Mit Android Automotive hat der Konzern schon ein eigenes Betriebssystem für Fahrzeuge entwickelt, das etwa von Volvo, Ford oder General Motors genutzt wird. In der Autobranche fürchtet man deshalb nicht nur um den exklusiven Zugriff auf wertvolle Daten der Autofahrer. Man fragt sich auch, ob es klug ist, Tech-Konzernen den Zugriff auf Fahr-, Lenk- und Bremssysteme zu gewähren.

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