Bahn verschiebt Baustellen

von Redaktion

Achtung, Baustelle: Bei der Bahn wird im Moment an vielen Stellen gebaggert, gebohrt und gebaut. Hier: Arbeiten am Tunnel Rastatt. © Uli Deck/dpa

Berlin – Das marode Schienennetz und die in der Folge hohe Unpünktlichkeit im Fernverkehr der Deutschen Bahn könnten Fahrgäste noch deutlich länger belasten als bislang geplant. Der Konzern will die umfassende Modernisierung von mehr als 40 dringend sanierungsbedürftigen Strecken zeitlich bis ins Jahr 2035 strecken.

Das wären vier Jahre länger als bisher geplant – mit erheblichen Auswirkungen für die Reisenden. Einen entsprechenden Vorschlag hat die Bahn auf einem Branchentreffen den Eisenbahn-Unternehmen und Verbänden unterbreitet. „Ziel des Branchenforums ist die Erarbeitung eines angepassten Vorschlags für eine zeitliche Streckung der Korridorsanierungen bis 2035“, teilte die Bahn mit.

Ursprünglich wollte sie die 42 stark belasteten Strecken bis zum Jahr 2031 sanieren. Die erste war die Riedbahn Mannheim–Frankfurt, schon hier schossen die Kosten auf (Stand jetzt) gut 1,5 Milliarden in die Höhe (wir berichteten). In einem Bericht an den Bundestag hatte das Bundesverkehrsministerium in den vergangenen Tagen schon angedeutet, dass es die hohe Zahl der Sanierungen pro Jahr kritisch sieht. Doch am Ziel soll sich nichts ändern, nur am Zeitplan. Die jeweiligen Abschnitte werden für die Dauer der Sanierungsarbeiten – in der Regel für ein halbes Jahr – vollständig gesperrt. Dann werden Gleise, Weichen, Schotter, Stellwerke und Oberleitungen erneuert, Bahnhöfe saniert und das Netz digital ausgerüstet. Danach sollen die Abschnitte für mindestens fünf Jahre baufrei und vor allem störungsfrei bleiben. Nach und nach soll sich die Pünktlichkeit im Fernverkehr dadurch verbessern.

Doch der enge Zeitplan für die Sanierungsprojekte stieß von Anfang an auf Kritik. Insbesondere die Wettbewerber im Güterverkehr waren unzufrieden. Sie müssen die gesperrten Strecken weiträumig und mit hohen Zeitverlusten umfahren. Die Umleitungsstrecken sind aus ihrer Sicht zudem nicht ausreichend geplant. Die Bahn gehe pro Jahr zu viele Sanierungen an. Auch die Union gehörte zu den Kritikern des Konzepts. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, die Strategie zu überprüfen und anzupassen.

Positiv äußerten sich die Konkurrenten auf der Schiene. „Die Anpassung des Zeitplans ist ein richtiger Schritt – damit rückt Fachlichkeit vor politische Symbolik“, teilte der Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, Peter Westenberger, mit. „Überforderung bei Planung und Bau sowie unzumutbare Beschränkungen der laufenden Verkehre werden damit gemindert und Chancen zur besseren Vorbereitung erhöht.“

Der Vorschlag der Bahn sieht ab dem Jahr 2027 eine Entzerrung der Bauvorhaben und eine Verschiebung von mehreren Projekten in die Jahre danach vor. So soll die Strecke Frankfurt–Heidelberg statt im Jahr 2027 erst 2030 saniert werden. Die Sanierung Lübeck–Hamburg würde sich um ein Jahr auf 2028 verschieben. Ob sich auch der Zeitplan für die Abschnitte Rosenheim–Salzburg (geplant 2027) und München–Rosenheim (2028) ändert, lässt die Bahn auf Anfrage unserer Zeitung offen. Am 9. Juli soll es bei einem weiteren Branchendialog mehr Klarheit geben. Die Sanierung der Strecken Nürnberg–Regensburg und Obertraubling–Passau ist von der Verschiebung nicht betroffen – sie ist schon für nächstes Jahr terminiert.

Im Jahr 2028 sollen dann nur vier statt neun Strecken saniert werden. Verschoben würden nach den Vorstellungen der Bahn die Sanierungen Würzburg–Ansbach–Treuchtlingen (neu: 2029), Aachen–Köln (2029), Forbach–Ludwigshafen (2029), Minden-Wunstorf (2034) und Weddel–Magdeburg (2032). Die letzte und einzige Sanierung im Jahr 2035 wäre die Strecke Flensburg–Hamburg.

Was für die Güterbahnen mehr Planbarkeit bringen soll, bedeutet für die Fahrgäste indes längere Belastungen. Wenn Strecken erst Jahre später saniert werden, gehen dort auch die Störungen erst mal unvermindert weiter.DPA/DW

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