New York – Überraschend schnell hat die Wall Street den von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Zollschock überwunden: Mit dem technologielastigen Nasdaq-100-Index überwand gestern der erste der großen US-Indizes sein altes Hoch aus dem Februar. Am Nachmittag notierte der Nasdaq bei 22 330 Punkten, dem höchsten jemals gemessenen Zählerstand. Charttechniker argumentieren, dass mit dem Überwinden der alten Rekordmarke die Chancen für einen starken Börsenmonat Juli sprunghaft gestiegen sind: erstens, weil der Juli statistisch mit einem durchschnittlichen Zugewinn von gut 2 % als einer der stärksten Börsenmonate überhaupt gilt (der stärkste ist der November), und zweitens, weil das von den Skeptikern bisher für möglich gehaltene Szenario, dass sich der Kursanstieg der letzten Wochen als „Bullenfalle“ entpuppt und die Kurse noch vor Erreichen neuer Höchststände wieder fallen, damit vom Tisch ist.
Deutsche Anleger, die US-Technologieaktien halten, brauchten im bisherigen Jahresverlauf starke Nerven. Nachdem Trump seinen Zollhammer ausgepackt hatte, stürzten die Kurse ab 18. Februar um 26,5 Prozent ab – aber nur, um sich ab 7. April wieder ebenso steil zu erholen. Auf Jahressicht liegt der Nasdaq-Index mit 6,5 % im Plus. Anleger, die in Euro rechnen, legten aber 6 % drauf, weil der Dollar seit Jahresbeginn um 12,5 % abwertete. Wer seit Jahresbeginn auf deutsche Standardaktien aus dem Dax 40 setzte, liegt hingegen mit 18,4 Prozent im Plus.
Börsenexperten sind sich uneins, ob die bessere Entwicklung europäischer Aktien gegenüber amerikanischen Dividendentiteln anhält. Im Durchschnitt der letzten 17 Jahre legte der technologielastige Nasdaq 100 pro Jahr – in Euro gerechnet – um 16,4 Prozent zu und ließ damit sowohl die anderen amerikanischen Indizes als auch europäische Aktien weit hinter sich. Viele Profis erwarten, dass sich auch in den nächsten Jahren mit wachstumsstarken US-Technologieaktien mehr Rendite erwirtschaften lässt als mit anderen Aktien, wenn auch um den Preis höherer Schwankungsanfälligkeit der Kurse. GEORG ANASTASIADIS