Umbau des SSG-Seniorenheims am Kieferngarten in München. © Andreas Höß
Ferngas ist einer der größten Betreiber von Gasnetzen in Bayern. © Norbert Kleinteich/Ferngas
Sebastian Schweier, Leiter der Sparte für Infrastrukturinvestments der Versicherungskammer Bayern, im Solarpark Euerwang. © Andreas Höß
Greding/München – Sebastian Schweier steht in der strahlenden Sommersonne auf einer Wiese in der fränkischen Gemeinde Greding. Hinter ihm reihen sich schier endlos die Photovoltaikanlagen des 40 Fußballfelder großen Solarparks Euerwang. „Heute ist ein guter Tag für uns“, erklärt der Leiter für Infrastrukturinvestitionen der Versicherungskammer Bayern. Denn immer wenn die Sonne scheint, klingelt bei dem Lebensversicherer die Kasse – auch, wenn die meisten seiner Kunden das gar nicht wissen.
Gut 2,3 Millionen Lebensversicherungen sind bei der Versicherungskammer Bayern abgeschlossen, die meisten davon im Freistaat. Knapp 68 Milliarden Euro verwaltet die Assekuranz. Mit dem Kapital muss sie Rendite erzielen, um Versicherungen auszuzahlen, Zinsen zu überweisen und Kunden an Überschüssen zu beteiligen. Allein mit Anleihen, die etwa die Hälfte der Investitionen der Kammer ausmachen, geht das nicht mehr. In der Nullzinszeit strichen die Versicherer deshalb ihre Garantiezinsen für kapitalbildende Lebensverssicherungen zusammen, zum großen Ärger der Kunden. Damit das nicht mehr so schnell passiert, bekommen renditestärkere Anlageklassen seither immer mehr Gewicht.
Infrastruktur als Renditequelle
Neben Aktien, Immobilien und Private Equity sind das vor allem Investitionen in Infrastruktur. Die Sparte startete die Kammer vor zwölf Jahren, als klar wurde, dass die Zinsen niedrig bleiben und andere Renditequellen nötig werden. „Investitionen in Infrastruktur liefern kalkulierbare Erträge und sind konjunkturunabhängig“, erklärt Schweier. 5,5 Milliarden Euro hat die Versicherungskammer so angelegt und sie will dieses Geschäft ausbauen: Bis 2030 sollen weitere 1,5 Milliarden Euro in diesen Bereich fließen, kündigt Spartenleiter Schweier an. Der Anteil von Infrastrukturinvestments am Gesamtportfolio der Versicherung würde damit um etwa ein Viertel auf deutlich über zehn Prozent steigen.
Investiert wird zwar europa- und weltweit. Weil die an die Sparkassen angebundene Versicherungskammer aber als öffentlich-rechtliche Einrichtung das Regionalprinzip pflegten, landet ein nennenswerter Teil des Geldes aber in Bayern – und damit in Projekten wie dem Solarpark Euerwang. Mit seinen 46 000 Modulen und 16 Megawatt Maximalleistung liefert er Strom für bis zu 15 000 Haushalte. Trotzdem steht er nur für einen kleinen Teil der Investitionen in Erneuerbare Energien der Versicherungskammer: ein Gigawatt beträgt die Gesamtleistung aller Wind-, Wasser- und Solarprojekte der Kammer, mindestens 650 000 Haushalte kann sie damit versorgen. „Wir produzieren ähnlich viel Strom wie ein mittelgroßes Stadtwerk“, sagt Schweier. Und das ist noch nicht alles. Die Versicherungskammer hat zum Beispiel auch die Ferngas-Gruppe gekauft, durch deren Leitungen ein Viertel der Gasversorgung in Bayern läuft. Mit dem Geld der Assekuranz soll ihr Netz bald für Wasserstoff geöffnet werden – ein Zukunftsmarkt. Die Investitionen dafür kann die Kammer über die Netzentgelte auf die Verbraucher umlegen und die Rendite aus dem Netzbetrieb abschöpfen.
Arzthäuser und Seniorenheime
Auch abseits der Energieversorgung gibt es viele spannende Projekte mit Regionalbezug. In Haimhausen im Landkreis Dachau hat die Kammer beispielsweise das Kommunalunternehmen „Liegenschaften Haimhausen“ mit einem Kredit versorgt. Mit dem Geld hat die Gemeinde ein Ärztehaus gebaut, um die Gesundheitsversorgung vor Ort zu sichern. Und die Sozial-Service-Gesellschaft (SSG) des Bayerischen Roten Kreuzes, die in Bayern 26 Seniorenheime betreibt, baut mit einem Darlehen der Versicherungskammer ein riesiges Seniorenheim am Münchner Kieferngarten mit mehreren Gebäuden und 400 Bewohnern um und erweitert es.
Für die dringend nötige Sanierung des in den 1970er-Jahren errichteten Gebäudekomplexes habe sich keine Bank als Finanzierer gefunden, berichtet Christian Pietig, Geschäftsführer der SSG. „Die Versicherungskammer ist für uns deshalb der perfekte Partner“, sagt er. Sie habe eine lang laufende Zinsbindung und viel Flexibilität im Bauprozess angeboten. Auch Sebastian Schweier von der Versicherungskammer ist glücklich über die Partnerschaft. „Wir springen gerne dort ein, wo individuelle Lösungen nötig sind und Banken abwinken müssen“, sagt er. „Und wenn das Projekt auch noch hier in Bayern ist, finden wir das doppelt gut.“