Jetzt wird es ernst für Benko

von Redaktion

Die Alte Akademie in der Innenstadt ist eines von vielen Benko-Projekten in München. Ein Graffito klagt seine Partner an. © Oliver Bodmer

Wien – Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hat erstmals Anklage gegen den ehemaligen Tiroler Immobilien-Milliardär René Benko erhoben. Die Behörde wirft Benko vor, bei seiner Insolvenz als Einzelunternehmer Vermögenswerte zuungunsten der Gläubiger beiseitegeschafft zu haben. Eine entsprechende Anklage sei beim Landgericht Innsbruck eingebracht worden.

Der Vorwurf lautet auf betrügerische Krida, ein Begriff aus dem österreichischen Strafrecht, der in etwa dem Bankrott in Deutschland entspricht. Das Verfahren ist einer unter insgesamt zwölf Verfahrenssträngen rund um die gescheiterte Signa-Gruppe.

Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem 48-Jährigen vor, dass er „unter dem Eindruck zunehmender Zahlungsschwierigkeiten und einer absehbaren Konkurseröffnung“ Angehörigen noch 300 000 Euro geschenkt habe. Außerdem soll Benko eine – wirtschaftlich und sachlich unvertretbare – Miet- und Betriebskostenvorauszahlung für ein Mietobjekt in Höhe von 360 000 Euro geleistet haben.

Insgesamt belaufe sich der in diesem Verfahren festgestellte Schaden also auf 660 000 Euro. Der Strafrahmen betrage ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe, teilte die Behörde mit.

Da sich der 48-Jährige bereits seit Januar in Untersuchungshaft befinde, gelte für die Justiz ein Beschleunigungsgebot, sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde. So könnte das Hauptverfahren vom Landgericht wohl bald terminiert werden.

Gesamtschaden von 300 Millionen Euro

Speziell in München hat die Signa-Pleite sichtbare Wunden hinterlassen: Ausgerechnet in der Innenstadt gibt‘s mehrere Bauruinen, die seit dem Zusammenbruch des Immo-Imperiums auf bessere Zeiten warten. Insbesondere die Alte Akademie in der Fußgängerzone gilt als Problemfall. Noch immer hat sich kein Käufer für das Prestige-Projekt gefunden. Das Gebäude aus dem Benko-Bestand ist derzeit ein entkerntes Gerippe. Weil Investoren gerade allgemein ungern in Immobilien investieren, ist die Zukunft bis dato ungewiss.

Beim gesamten Verfahrenskomplex Signa wird laut Staatsanwaltschaft gegen rund ein Dutzend Beschuldigte und gegen zwei Verbände ermittelt. Der bisher ermittelte Gesamtschaden beläuft sich nach Angaben der Justiz auf 300 Millionen Euro. Mit bisher 1500 Ordnungsnummern – jeweils Schriftstücke oder gar Aktenbände – sei das Signa-Verfahren äußerst umfangreich, hieß es. Es steht der Verdacht der Untreue und des schweren Betrugs im Raum. Benko bestreitet die Vorwürfe.

Der im Tiroler Innsbruck aufgewachsene Benko hatte in der Niedrigzins-Phase ein verschachteltes Firmennetzwerk aufgebaut. Die von ihm 1999 gegründete Gruppe, die bald als Signa firmierte, erwarb zahlreiche meist hochkarätige Immobilien, darunter das weltbekannte Chrysler-Building in New York.

Imperium in Trümmern

Benko hatte es schon in jungen Jahren dank eines ausgesprochenen Gespürs für Geschäfte und eines großen Verhandlungsgeschicks zum schwerreichen Mann geschafft. In seinen Glanzzeiten wurde sein Vermögen auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.

Im Rückblick gilt der Einstieg der Signa in den stationären Handel als strategischer Fehler, der maßgeblich zum Niedergang des Unternehmens führte. Benko investierte etwa in die Galeria-Warenhausgruppe, das Luxuskaufhaus KaDeWe und das Hamburger Elbtower-Projekt. Die jahrelang boomende Immobilien-Sparte konnte die Verluste der Warenhäuser nicht kompensieren. Neben konzerninternen Problemen wurde Signa schließlich von steigenden Zinsen, Energiepreisen und Baukosten zu Fall gebracht. Die einzelnen Konzerntöchter brachen wie ein Kartenhaus zusammen.

Artikel 10 von 10