Ministerpräsident Markus Söder mit einem Querschnittmodell des Erdkabels Suedostlink. © Martin Schutt
Oerlenbach – Damit die Energiewende gelingen kann und Windstrom aus dem Norden auch im Süden ankommt, beginnen nun auch die Arbeiten für die große Stromtrasse Suedlink in Bayern. Die Hochspannungs-Gleichstrom-Verbindung soll von Ende 2028 an Bayern und Baden-Württemberg mit grüner Energie versorgen. In Bayern wird Suedlink rund 130 Kilometer lang sein und durch Unterfranken verlaufen.
Seit Jahren kämpfen viele Bürgerinitiativen gegen den Bau des etwa 700 Kilometer langen Projekts. Sie halten die Vier-Gigawatt-Trasse für ökologisch unsinnig und unwirtschaftlich und befürchten, dass der Stromverbraucher am Ende die Zeche zahlt.
Für den Baustart der Trasse in Bayern reisten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sowie Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) an. „Wir haben totalen Energie-Hunger“, sagte Söder.
Die Fertigstellung war eigentlich zum Atomausstieg 2022 geplant. Nun wird sie sechs Jahre später als ursprünglich gedacht in Betrieb gehen und dürfte unter anderem wegen der im Vergleich zu Freileitungen viel teureren Erdkabel rund zehn Milliarden Euro kosten. Unter anderem die bayerische Staatsregierung, aber auch einige Vertreter außerhalb Bayerns, hatten 2014 darauf hingewirkt, dass alle neuen Übertragungsleitungen als Erdkabel verlegt werden müssen. Die Ampelregierung mit Wirtschaftsminister Robert Habeck hatten in der letzten Legislaturperiode noch einige Beschleunigungsgesetze erlassen. Mit der Verbindung, deren Kapazität der Leistung von etwa vier Atomkraftwerken entspricht, sollen rund zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden können. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche will künftig neue Stromtrassen wieder als Freileitungen umsetzen. Erdkabel wie bei Suedlink hätten das Projekt um „fast Faktor vier, viereinhalb“ verteuert, sagte die CDU-Politikerin.
Bayern will Klagen verbieten
Der Freistaat Bayern hatte die Gegner von Windkraft und großen Stromleitungen jahrelang unterstützt. Zum Baubeginn des Suedostlinks folgte gestern die 180-Grad-Wende: Zur Beschleunigung von Infrastrukturmaßnahmen fordert Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger eine bundesweite Aussetzung des Verbandsklagerechts. Die Möglichkeit von Verbandsklagen im Umwelt- und Naturschutzrecht sei „ein Faktor, der nach wie vor zu erheblichen Verzögerungen beim Ausbau der Energieinfrastruktur führen kann und damit der durch die Festlegung des überragenden öffentlichen Interesses intendierten Beschleunigungswirkung entgegenstehen kann“, schreibt der Freie-Wähler-Chef in einem Brief an Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche.
Um beim Bau etwa von Straßen, Leitungen, Schienen oder Stromtrassen schneller voranzukommen, sei daher „eine Einschränkung, zumindest aber ein dreijähriges Aussetzen des Verbandsklagerechts für Infrastrukturmaßnahmen insbesondere im Energiebereich“ erforderlich, betonte Aiwanger. Die bisher bestehenden Klagemöglichkeiten für nicht direkt von den Bauprojekten betroffene Umweltverbände verhinderten verlässliche Planungsgrundlagen und führten dadurch zu einer massiven Schwächung der Investitionsbereitschaft in die Energieinfrastruktur in Deutschland.
Stromnetze sind am Limit
Nach Darstellung der Bundesregierung kommt das Stromnetz peu à peu an seine Kapazitätsgrenze. Schon heute kann Ökostrom mitunter nicht eingespeist werden, weil dafür die bisherigen Leitungen nicht ausreichen. Denn wenn die Netze überlastet sind, könnten im schlimmsten Fall die Lichter ausgehen. „Unsere Stromnetze sind heute schon stark ausgelastet“, erklärte Ministerin Reiche. „Der Stromverbrauch in Deutschland wird steigen.“ Notwendig seien mehr Erzeugung und mehr Leitungen. „Wir müssen zu jedem Zeitpunkt sicher versorgt sein.“
Suedlink soll vor allem in Norddeutschland erzeugten Windstrom in die südlichen Bundesländer liefern, aber auch Sonnenstrom aus dem Süden in den Norden bringen. Für den Bau verantwortlich sind die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW. Parallel wird weiter östlich der Suedostlink vorangetrieben, der bereits 2027 fertig sein soll und am Standort von Isar II endet. Die beiden Trassen sollen helfen, das Erzeugungsungleichgewicht zwischen Nord- und Süddeutschland zu beheben.