Kampf um Bayerns Schlachthöfe

von Redaktion

Infotreffen für Bauern: Bauernpräsident Günther Felßner (r.) macht sich in Herrsching für den Erhalt von Schlachtstätten stark. Ob Westfleisch oder Tönnies die süddeutschen Schlachthöfe von Vion kaufen soll, sagt er aber nicht. © Andrea Jaksch(2)

Herrsching – Mittwochvormittag in Herrsching am Ammersee: Westfleisch-Chef Wilhelm Uffelmann steht auf einer Bühne im Haus der bayerischen Landwirtschaft. Vor ihm sitzen Bauern, Politiker, Verbandsvertreter, hinter ihm ist ein Gipfel samt Almhütte und Kuh an die Wand projiziert. Darüber steht: „Die Zukunft der süddeutschen Schlachthöfe“. Denn genau diese will Uffelmann kaufen und hat dafür Bayerns Bauern und Politiker nach Herrsching geladen, um sie von sich zu überzeugen. Ein Alm-Idyll ist dabei immer ein Pluspunkt.

Was wie ein Kampf in der Provinz aussieht, hat durchaus Tragweite: Es geht um die süddeutschen Schlachthöfe von Vion, in denen etwa ein Drittel aller deutschen Schlachtungen stattfinden, gut eine Million pro Jahr. Die Höfe beliefern Ketten wie Aldi, Lidl oder Edeka und um sie bahnt sich eine erbitterte Übernahmeschlacht an. Auf der einen Seite steht dabei Westfleisch, eine Genossenschaft aus Münster. Das von Uffelmann geführte Unternehmen macht rund drei Milliarden Euro Umsatz und ist die Nummer 2 der Branche. Ihr Gegner: der mehr als doppelt so große und skandalumwitterte Branchenprimus Tönnies.

Genossenschaft gegen Fleischkonzern

Den Grund, warum auch Westfleisch plötzlich Kaufinteresse an den Schlachthöfen anmeldet, macht Uffelmann gleich zu Beginn seiner Rede in Herrsching klar: Tönnies habe zwar einen Kaufvertrag mit Vion unterschrieben, doch aus Sorge vor einem Monopol, das die Preise zu Lasten von Verbrauchern und Bauern bestimmen könnte, grätschte das Kartellamt dazwischen und stoppte den Deal. „Das war für uns das Signal: Jetzt wollen wir unseren Hut in den Ring werfen“, erklärt er. „Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und die Landwirtschaft, den ländlichen Raum und Tierhaltung in Süddeutschland in die Zukunft zu führen.“

Bayerns Bauern umwirbt der Westfleisch-Chef dabei vor allem mit einem Argument: Westfleisch sei eine Genossenschaft und damit Partner auf Augenhöhe. Man kenne die Bedürfnisse und Probleme der Landwirtschaft, sei verlässlich, solide. „Von Bauern für Bauern“, so Uffelmann. Klingt sympathisch, gleicht aber einer Kampfansage an Clemems Tönnies, gewissermaßen David gegen Goliath. Dem Fleischmagnat, der schon den Aufsichtsrat von Schalke leitete und die Nähe der Politik sucht, zollt Uffelmann zwar Respekt für seine Lebensleistung. Gleichzeitig betont er aber, dass Tönnies dazu Methoden anwende, die er nicht wählen würde.

Um knallharte Geschäftsinteressen geht es aber auch bei Westfleisch: Das Unternehmen könnte mehr Rind- und Schweinefleisch verkaufen als es produziert, sagt Uffelmann. Eine Expansion in den Süden, wo die westdeutsche Genossenschaft noch kaum vertreten ist, sei trotz der sinkenden Tierbestände in Bayern deshalb naheliegend. Zumal das süddeutsche Fleisch bei den Konsumenten sehr angesehen sei.

Tönnies will weiter um Vion kämpfen

Bei den anwesenden Bauern, Verbandsvertretern und Politikern, denen Westfleisch später auch noch mit Steak und Halsgrat vom Grill schmeicheln will, kommt das gut an. Ganz einlullen lassen sie sich dennoch nicht. Bayerns Bauerpräsident Günther Felßner beispielsweise spricht zwar lange davon, dass man der heimischen Landwirtschaft schon wegen dem Tierwohl keine zu langen Wege zu den Schlachthöfen zumuten dürfe. Möglichst viele müssten erhalten bleiben. Ob er sich aber eher Tönnies oder Westfleisch als Vion-Käufer vorstellen kann, sagt er nicht. Und die anwesenden Landwirte wollen ganz genau wissen, wie der Konzern der kleinteiligen bayerischen Hofstruktur gerecht werden will, wie eng man sich mit Verträgen an Westfleisch binden müsste oder ob bayerische Vertreter im Beirat der Genossenschaft vorgesehen seien, sofern Westfleisch wirklich im Freistaat Fuß fassen sollte.

Ob und wann das passieren wird? Das kann auch Westfleisch-Chef Uffelmann nicht beantworten. Konkurrent Tönnies machte jedenfalls zuletzt bei jeder Gelegenheit klar, dass er nicht kampflos aufgeben wird. Gegen den Kartellentscheid hat er Klage eingereicht. Außerdem steht im Raum, dass er das Nein der Kartellwächter über das Wirtschaftsministerium aushebeln könnte – was Uffelmann jedoch für chancenlos hält. Um Geduld bat der Westfleisch-Chef die Bauern in Herrsching trotzdem: Bis die letzte Schlacht um die Schlachthöfe geschlagen sei, werde mindestens noch ein Jahr vergehen.

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