INTERVIEW

„Flexibilität senkt den Strompreis“

von Redaktion

Energieriese Eon will Kunden für dynamische Tarife begeistern

Wind und Sonne liefern Energie ohne Ende – allerdings nicht jederzeit. Stromverbraucher müssen deshalb umdenken. © Daniel Bockwoldt/dpa

München – Einer der größten Kostentreiber der Energiewende ist, dass Strom nicht dann verbraucht wird, wenn Wind und Sonne ihn liefern. Dabei könnten flexible Verbraucher eine Menge Geld sparen. Auch der Platzhirsch Eon, mit zwölf Millionen Stromkunden der größte Versorger Deutschlands, will diesen jungen Markt erschließen. Im Interview erklärt Jens Michael Peters, Geschäftsführer für Energielösungen, weshalb flexibler Verbrauch bislang kaum Thema ist, wie Kunden profitieren können und welche neuen Geschäftsmodelle er vorantreiben will.

Herr Peters, die Strompreise würden deutlich sinken, wenn Verbraucher sich mehr nach der Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom richten würden. Bisher haben aber nur sehr wenige Haushalte einen sogenannten dynamischen Stromtarif. Wie ist die Nachfrage bei Ihnen?

Die Nachfrage steigt, aber wir stehen derzeit noch am Anfang mit einer Kundenzahl von dynamischen und flexiblen Tarifen im fünfstelligen Bereich. Das hat zum einen damit zu tun, dass viele Menschen noch gar nicht wissen, dass sie mit Flexibilität Geld sparen können. Wer das verstanden hat, will das meist auch nutzen. Zum anderen bleibt aber die Sorge vor den Schwankungen am Strommarkt: Wenn die Sonne scheint und viel Erneuerbare Energien im Netz sind, wird es günstiger. In der Dunkelflaute können an den Energiebörsen aber auch sehr hohe Strompreise auftreten. Wenn diese Preise direkt durchschlagen, aktiviert das bei dem ein oder anderen Sorge vor unkalkulierbaren Kosten. Diese Sorgen wollen wir mit unserem neuen Angebot schließen.

Wie sieht das aus?

Wir bieten neben den dynamischen, rein an den Markt gekoppelten Tarifen, auch flexible Tarife an, beispielsweise für E-Autofahrer. Das bedeutet: Verbraucher zahlen einen festen Preis pro Kilowattstunde, bekommen aber einen Bonus, wenn wir als Energieanbieter die genauen nächtlichen Ladezeiträume festlegen – nämlich auf Zeiten, zu denen es besonders sinnvoll ist. Wichtig dabei: Das Auto ist am nächsten Morgen selbstverständlich zum gewünschten Stand geladen. Noch im laufenden Jahr wollen wir flexible Tarife auf weitere Energielösungen wie Wärmepumpe und Stromspeicher ausweiten.

Der Markt stellt Anreize für Flexibilität bereit, aber das Interesse ist bisher zu gering, um die Kosten im Stromsystem zu senken. Muss der Gesetzgeber mehr tun?

Wenn Sie mit einem E-Auto von München nach Penzberg und zurück fahren, sparen Sie heute fünf Euro im Vergleich zum Benziner. Wenn wir die Sektoren Wärme und Verkehr aber wirklich elektrifizieren wollen, muss der Strombezug langfristig Vorteile bringen. Sinnvoll wären etwa die leider gekippte Senkung der Stromsteuer für Haushalte, aber auch, dass Verbraucher, die Strom speichern und bei Bedarf wieder ins Netz geben, nicht mit doppelten Netzentgelten belastet werden.

Also ist die Abschaffung der Gasspeicherumlage und der Widerstand gegen höhere CO2-Preise keine Hilfe?

Ich kann E-Autos mit Subventionen günstiger machen oder die CO2-Zertikate teurer. Wichtig ist, dass es bei den Anreizen zur Elektrifizierung kein Hin und Her gibt, sondern eine klare Richtung. Die Energiewende ist wie ein Fluss, den wir schon halb durchschwommen haben. Wir könnten jetzt umdrehen – was Humbug ist – oder zum Ziel schwimmen. Und dann können wir auch die Vorteile des neuen Systems heben, von denen alle profitieren.

Immer mehr Eigentümer haben Solaranlagen, brauchen also nur morgens und abends Strom. Der ist dann aber teuer. Wie interessant sind solche Kunden für Sie noch?

Wir entwickeln unser Lösungsgeschäft gerade weiter. Wir verkaufen unser Heim-Energiemanagement-System oder kurz HEMS, mit dem die Kunden PV-Anlage, Speicher, Wärmepumpe und E-Auto effizienter steuern können. Das ergänzen wir mit flexiblen Tarifen, bei denen wir als Vermittler zwischen den selbst Strom erzeugenden Verbrauchern mit ihren PV-Anlagen und Batteriespeichern und dem Strommarkt arbeiten. Wir sehen uns in dieser neuen Energiewelt als Partner auf Augenhöhe: Wir kümmern uns um die Komplexität im Hintergrund und liefern Energiemengen, nehmen diese aber auch ab und bieten Services, aus denen Kunden finanzielle Vorteile generieren können, wenn sie mitmachen.

In Deutschland gibt es an hunderten Stunden negative Strompreise, trotzdem werden die Akkus von E-Autos nicht als Speicher im Netz genutzt. Warum?

Die Vermarktung des Pkw-Speichers nennt sich bidirektionales Laden. Hier gibt es zwei Hürden: Die Autohersteller geben Garantien auf ihre Akkus. Und die müssen zukünftig nicht nur fürs reine Fahren, sondern auch für das Ein- und Ausspeichern von Strom gelten. Es gibt aber auch technische Herausforderungen: Sie brauchen für die Abrechnung einen Smart Meter, da sind wir in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch nicht so weit. Aber es gibt gute Fortschritte, daher arbeiten wir auch bereits intensiv mit unseren Partnern wie beispielsweise BMW zusammen, um ganz konkrete Endkunden-Angebote für das bidirektionale Ladenanzubieten – geplant noch für dieses Jahr.

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