Lilium-Investor bietet 20 Millionen

von Redaktion

Der elektrische Senkrechtstarter von Lilium hat noch nie für einen bemannten Erstflug abgehoben. Anlagen, Prototypen, Patente und Pläne sind noch da, die Entwicklung liegt seit der Pleite aber auf Eis. © Lilium

München – Einst war es mit mehr als einer Milliarde bewertet, nun könnte es für einen Ramschpreis verkauft werden: Der Investor A.A.M.G. will nur 20 Millionen Euro für das Flugtaxi-Start-up Lilium aus Oberpfaffenhofen bei München zahlen. Die „Wirtschaftswoche“ berichtet zuerst über den Kaufpreis, Insider bestätigten ihn gegenüber unserer Zeitung. Das niederländische Konsortium war am Freitag mit seiner Kaufofferte in den Medien vorgeprescht (wir berichteten), der Insolvenzverwalter äußerte sich auf Nachfrage nicht.

Nun sickern weitere Details durch: Demnach soll es zwischen dem Lilium-Insolvenzverwalter und A.A.M.G. verschiedene Ansichten geben, wo und wie das Geld für den Kauf zu hinterlegen ist. Die Niederländer, die schon seit Monaten Interesse an Lilium haben, hätten deshalb offenbar Angst gehabt, dass der Deal auf der Zielgeraden platzt, weshalb sie nun öffentlich Druck aufbauten, berichten Kenner.

Investor plant Flugtaxi-Routen

Lilium sammelte rund 1,5 Milliarden Euro für die Entwicklung eines elektrischen Flugtaxis ein, kam aber vor etwa einem Jahr in massive finanzielle Probleme und musste vor dem bemannten Erstflug Insolvenz anmelden. Der Betrieb ruht seit etwa einem halben Jahr komplett. Für das Vorhaben von A.A.M.G. – kurz für Ambitious Air Mobility Group – ist das ein Problem: Die Niederländer stellen auf ihrer Webseite konkrete Flugrouten für Elektro-Senkrechtstarter zwischen Städten wie Antwerpen und Brüssel, Eindhoven und Mönchengladbach, Malaga und Gibraltar oder Rom und Monaco in Aussicht. „Die Firma braucht die Lilium-Jets, um ihre Pläne umzusetzen“, erklärt ein Insider. Die Gruppe steht zwar noch mit anderen Projekten für elektrische Senkrechtstarter in Kontakt, nämlich mit Voltaero, Supernal und Ascendance. Lilium galt aber lange als besonders aussichtsreich. Firmenchef Robert Kamp ist zudem ein Fan der deutschen Senkrechtstarter-Technik, ihm fehlte bisher aber das Geld zum Einstieg bei Lilium.

Beobachter gehen davon aus, dass A.A.M.G. im Falle eines Kaufes die Entwicklung bei Lilium wieder aufnehmen will. Diese Absicht äußerte die Gruppe auch in einer Pressemitteilung. Das nötige Kapital dafür könnte sie mitbringen: Das Konsortium hat laut eigener Aussage eine Zusage über 250 Millionen Euro und Zugriff auf weitere 500 Millionen Euro, ein Großteil des Geldes dürfte aus Asien stammen. Die gesamte Summe werde auch nötig sein, um Lilium-Jets in die Luft zu bekommen, glauben ehemalige Mitarbeiter. Das Unternehmen verbrannte zuletzt pro Monat bei der Entwicklung 25 bis 30 Millionen Euro. Selbst mit einem Viertel der ehemaligen Mitarbeiter sei von einem Finanzbedarf von mindestens zehn Millionen Euro pro Monat über mehrere Jahre auszugehen. Ein Investor brauche also zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro.

Ein Neustart bräuchte viel Geld und Zeit

Dennoch hängt der Erfolg nicht nur vom Kapital ab. Von den einst 1200 Mitarbeitern sind nur eine Handvoll übrig, der Rest wurde gekündigt. Wichtige Ingenieure und Manager hätten zwar ihr Interesse bekundet, an dem Projekt weiterzuarbeiten, eine Garantie gibt es dafür aber nicht. Der Wiederaufbau eines kleineren Kernteams würde Monate dauern, schätzen Kenner. Auch mit Vermietern oder Technik-Anbietern müsste sich ein neuer Besitzer einigen. Dennoch gilt der Vorstoß als eher vielversprechend. Es habe dutzende Interessenten für Lilium gegeben, aber keiner habe es so ernst gemeint wie A.A.M.G., heißt es aus Branchenkreisen.

Nun steht noch eine Einigung mit dem Insolvenzverwalter aus, der die Interessen der Gläubiger vertritt, die viel Geld von Lilium bekommen. Dass er akribisch prüft, ob A.A.M.G. wirklich alle Voraussetzungen für den Kauf erfüllt, ist wenig überraschend: Um Weihnachten wollte bereits eine europäisch-amerikansiche Investorengruppe über 200 Millionen Euro in Lilium stecken. Das Geld ist aber nie geflossen, weshalb Lilium im Februar Insolvenz anmelden musste. Scheitert auch die aktuelle Kaufofferte, dürfte Lilium endgültig zerlegt und Patente, Anlagen, Prototypen einzeln verramscht werden.

Artikel 3 von 5