Rollt eine Pleitewelle an?

von Redaktion

Es könnte wieder ein unerfreuliches Rekordjahr werden: Eins der Firmenpleiten nämlich. © Martin Gerten, dpa

Wiesbaden – Droht Deutschland eine Pleitewelle? Im Juli stieg die Zahl der angemeldeten Firmeninsolvenzen so stark wie seit Oktober nicht. 19,2 Prozent mehr neue Insolvenzen als ein Jahr zuvor zählten die Amtsgerichte in dem Monat, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Angaben mitteilt.

Im Mai hatte der erste Rückgang der Pleitezahlen seit März 2023 Hoffnung auf eine Trendwende geweckt. Doch schon im Juni legten die Zahlen wieder zu. Ob alle Fälle von den Insolvenzgerichten so weit gebracht werden, dass sie in die amtliche Statistik eingehen, ist noch offen. Mehrere Wirtschaftsauskunfteien rechnen für das Gesamtjahr mit mehr Firmenpleiten als 2024. Im vergangenen Jahr war amtlichen Zahlen zufolge mit 21 812 Fällen ein Höchststand seit dem Jahr 2015 registriert worden.

■ Ruf nach Reformen

„Die Wirtschaftskrise dauert an – und deshalb wächst die Welle der Unternehmensinsolvenzen weiter“, kommentiert Jupp Zenzen, Konjunkturexperte bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Nach zwei Jahren Rezession sei die Liquidität vieler Betriebe angeschlagen. Zudem belasten hohe Energiepreise und viel Bürokratie. Die Wirtschaft brauche „Entlastung auf breiter Front“, mahnt Zenzen. Die Politik müsse „die dringend benötigten Reformen sehr rasch“ umsetzen.

Nach Einschätzung des Verbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) reagieren viele Unternehmen aber auch zu spät auf strukturelle Veränderungen in ihren Branchen. „Zu schnell wird die Ursache der unternehmerischen Fehlentwicklung bei steigenden Zöllen oder hohen Energiekosten gesucht“, sagt der VID-Vorsitzende Christoph Niering. „Eine gefährliche Fehleinschätzung, da hierdurch Sanierungsmaßnahmen zu spät oder nicht umfassend genug angegangen werden.“

■ Kleine Betriebe betroffen

Dass die Zahlen wieder deutlicher anziehen, zeigt sich auch in der jüngsten monatlichen Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Das IWH zählt für Juli 1588 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland – 13 Prozent mehr als im Juli 2024 und 64 Prozent mehr als in einem durchschnittlichen Juli der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Pandemie. Weil es weniger Großinsolvenzen gab, seien aktuell jedoch wenige Jobs von den Pleiten betroffen gewesen.

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