Lilium: Die Pläne der Investoren

von Redaktion

Noch fliegt es nicht: Doch die Investoren wollen das Elektroflugzeug von Lilium zur Serienreife bringen und bauen – falls der Insolvenzverwalter die operativ wichtigen Teile des Unternehmens an sie verkauft. © archiv

Gauting – Robert Kamp bleibt unsichtbar. Der Chef der Ambitious Air Mobility Group (AAMG) hat im Videocall als einziger von vier Teilnehmern keine Kamera aktiviert. Auch im Internet kein Foto, keine persönlichen Informationen. Versteckt sich die maßgebliche Figur für eine mögliche Rettung des Elektroflugzeug-Pioniers Lilium? Oder ist das schlicht das völlige Fehlen von Profilsucht? Das wäre kein schlechtes Vorzeichen in einer Szene, in der sich viele schillernde Figuren tummeln.

Kamp und sein Mitarbeiter Daniel Hayes haben sich – das wird im Gespräch sehr schnell klar – tief auch in Details der Materie eingearbeitet. Und sie haben auch schon Geld in die Hand genommen und die früheren Räume von Lilium am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen (Gemeinde Gauting) mit Inventar angemietet. Nun wollen sie alles für die Weiterentwicklung und Fertigung des Flugzeugs Nötige auch kaufen. 25 Millionen Euro haben sie dafür angeboten und mit weiteren 250 Millionen planen sie, das Projekt zum Erfolg zu führen.

Chancen? „Es gibt viel Skepsis im Markt“, räumt Hayes ein. Doch er und Kamp glauben felsenfest an die Zukunft des elektrischen Fliegens. Das haben sie mit den Gründern des Unternehmens gemeinsam. Doch im Detail zeigen sich Unterschiede. „Step by Step“ (Schritt für Schritt) nennen die beiden ihre Vorgehensweise. Zuerst den ersten für Testflüge bestimmten Flieger (interner MSN 2) in die Luft bringen, dann die Zulassung vorantreiben – und dann produzieren.

Das war bei Lilium vorher anders. Die Serienfertigung von Teilen war bereits angelaufen, obwohl MSN 2 noch keineswegs fertig war. Entsprechend zurückhaltend auch die Personalplanung der möglichen Investoren: erst einige Mitarbeiter wieder einstellen. Und auch langfristig sollen es in Oberpfaffenhofen nicht mehr als 300 werden. Darunter durchaus auch ehemalige Führungskräfte von früher, mit denen AAMG offenbar schon länger in Kontakt steht.

AAMG geht das Thema urbane Flugmobilität deutlich breiter an als Lilium. Der mögliche Flugzeugbau ist nur eine Säule. Die andere ist die Infrastruktur. Sogenannte Vertiports, Flugplätze für senkrechtes Starten und Landen. Hayes nennt als Standorte Malaga und Nizza und auch Städte im Mittleren Osten und Japan. Aus diesen Regionen kommen offenbar einige der Investoren.

Dazu kommt die Energieversorgung für die leistungsstarken Batterien. Schwierig? Kamp stöhnt kurz auf. „Nein, nicht leicht. Aber wir haben Lösungen.“ Bei Lilium hängt die Lösung vor allem an einer Einigung mit dem Insolvenzverwalter. AAMG hat nach eigenen Angaben Erklärungen von Banken beigebracht, nach denen sie über die genannten Geldmittel verfügen. Dazu fordern sie jetzt einen Kaufvertragsentwurf. Offensichtlich sieht die Kanzlei Pluta als Insolvenzverwalter die Bedingungen dafür nicht als gegeben.

Umgekehrt will AAMG weiteres Geld nicht in die Hand nehmen, bevor klar ist, was man wirklich dafür bekommt. Möglicherweise ist man bei Pluta nach zwei fehlgeschlagenen Rettungsversuchen sehr vorsichtig geworden. Man ist ja von Gesetzes wegen in erster Linie den Interessen der Gläubiger verpflichtet und nicht möglichen Investoren. Allerdings ist erfahrungsgemäß in Hightech-Branchen verronnene Zeit verlorenes Geld. Patente – mit die wichtigsten Assets in der Insolvenzmasse – sind befristet und verlieren damit laufend an Wert.

Außerdem ist es im Flugzeugbau, wo Theorie und Praxis selten synchron sind, schwierig, gemeinsame Erfahrungswerte von Teams zu ersetzen, wenn die Beteiligten einmal getrennte Wege eingeschlagen haben. Deshalb appelliert Daniel Hayes in Richtung Verwalter: „Wir wollen das Erreichte nicht verlieren“. Er hofft auf eine baldige Einigung. Ob das Lilium-Flugzeug in der realen Fliegerei das wirklich kann, was im Lilium-Simulator bereits demonstriert wurde, kann heute noch keiner sagen. Wenn das Vorhaben von AAMG scheitert, werden wir es wohl nie erfahren.

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