Finanzwelt blickt nach Jackson Hole

von Redaktion

Gratwanderung zwischen Arbeitslosenzahlen und Inflation: Jerome Powell, Chef der US-Notenbank. © Mandel NGAN / AFP

Jackson Hole – Wenn sich morgen die Chefs der großen Notenbanken aus Europa, Asien und den USA in Jackson Hole am Fuße der Rocky Mountains treffen, wird ein Mann im Mittelpunkt stehen, ob er will oder nicht: Jerome Powell, der Präsident der US-Notenbank Fed. Er soll endlich die Zinsen senken, verlangt US-Präsident Donald Trump seit Monaten. Damit würde die US-Wirtschaft Aufwind bekommen. Doch bislang blieb Powell hart – fünfmal schon. So oft tagte heuer die unabhängige Notenbank und zurrte immer wieder das Zinsniveau in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent fest.

In Jackson Hole könnte Powell nun eine Zinswende einläuten. Das erwartet zumindest die Mehrheit der Marktteilnehmer. Manche am Geldmarkt rechnen mit einem großen Schritt um einen halben Prozentpunkt nach unten, andere mit einem viertel Punkt und noch einer weiteren Zinssenkung in diesem Jahr. Damit wäre man in der US-Regierung zwar noch längst nicht zufrieden – Trump hat mehrfach eine Senkung um drei Prozentpunkte, sein Finanzminister mindestens 1,5 Punkte verlangt. Aber die Richtung wäre schon mal die gewünschte. Doch die Konstellation ist schwierig. Die US-Notenbank ist, anders als die Europäische Zentralbank, nicht nur der Geldstabilität verpflichtet, sondern auch der Wirtschaftslage. Wichtigster Indikator in dem Zusammenhang ist für die Fed der Arbeitsmarkt. Und da waren die letzten Daten nicht berauschend.

Die Arbeitslosenquote im Juli war leicht auf 4,2 Prozent gestiegen, nur 73 000 Jobs sind neu entstanden: Nicht gut – also ein Argument dafür, der US-Wirtschaft mit einer Zinssenkung unter die Arme zu greifen und auf diese Art Kredite wie Investitionen billiger zu machen. „Angesichts des wirtschaftlichen Schadens durch Handelssteuern und der politischen Unsicherheit kann man durchaus für sofortige Zinssenkungen in den USA plädieren“, meint etwa Paul Donovan, Chefvolkswirt bei UBS Global Wealth Management.

Doch auf der anderen Seite lassen eben jene Unsicherheiten die Fed schon so lange zögern. Zu unklar, so Powells Argument, die Folgen der Zollpolitik und ihre Auswirkungen auf die Inflation, die zuletzt 2,7 Prozent betrug. Der jüngste Anstieg der US-Erzeugerpreise, ein wichtiger Frühindikator, dämpft den Zinsoptimismus an den Börsen. „Für die US-Notenbank ergibt sich ein veritables Dilemma“, schreiben die Analysten der Landesbank LBBW. Wie Powell dieses Dilemma lösen wird, darauf wartet man an den weltweiten Kapitalmärkten mit größter Spannung. CORINNA MAIER

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