Speicheranlage in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt): Hier werden Kavernen- und Porenspeicherung von Gas kombiniert. © Jan Woitas, dpa
Berlin – Die unterirdischen Gasspeicher – wichtig für die Versorgung im Winter – sind nicht so voll wie vor einem Jahr. Der Verband der Speicherfirmen warnt deshalb vor Problemen. Dagegen nehmen die Bundesnetzagentur und die meisten Gashändler nicht an, dass es noch einmal zu einer Knappheit des Brennstoffs mit sehr hohen Preisen kommt – mit guten Argumenten.
Augenblicklich sind die Gasspeicher in Deutschland zu 68 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr waren es etwa 90 Prozent. Die Erdgas-Reserve muss für mehrere Monate reichen. Weil seit 2022 aus Russland kein Gas mehr kommt, spielen gut gefüllte Lager eine große Rolle.
„Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil“, erklärt die Bundesnetzagentur, die zuständige Überwachungs- und Regulierungsbehörde, „die Versorgungssicherheit ist gewährleistet.“ Denn neben Speichern und Pipelines etwa aus Norwegen und den Niederlanden seien mittlerweile auch vier Import-Terminals für Flüssigerdgas an Nord- und Ostsee in Betrieb. Darüber könnten kurzfristig die benötigten Mengen eingeführt werden, sollten Speicher und Leitungen nicht reichen.
Außerdem hat bereits die Ampelregierung in einem ihrer letzten Amtsakte Ende April 2025 die Regeln für die Speicher geändert. Vorher galt: Die unterirdischen Kavernen müssen am 1. November einen Füllstand von 90 Prozent erreichen. Nun sind es nur noch 80 Prozent, unter bestimmten Umständen auch nur 70 Prozent. Angesichts der bereits erreichen 68 Prozent sollte das kein Problem darstellen.
„Die privaten Gashändler sind momentan überwiegend entspannt und sehen keine gefährliche Knappheit im kommenden Winter“, sagt Heiko Lohmann, Autor des Branchendienstes energate Gasmarkt. „Ein wichtiger Grund ist das zu erwartende steigende LNG-Angebot, das auch über die vier deutschen LNG-Terminals importiert werden kann.“
„Wir sehen aktuell keine schlechte Befüllung“, schreibt der Verband der Gas- und Wasserstoffwirtschaft. Die Gashändler haben im Augenblick keinen Anreiz, die Vorgaben der Regierung zu übertreffen. Denn die Preise, zu denen sie jetzt Gasmengen für den kommenden Winter einkaufen können, liegen wenig über denen für die sofortige Lieferung. Das heißt: Der Markt rechnet nicht mit steigenden Preisen – und auch nicht mit Knappheit.
Dem widerspricht der Verband der Speicherbetreiber. „Ein Füllstand von 70 Prozent reicht nicht aus, um die Versorgung in einem sehr kalten Winter zu gewährleisten“ erklärt die Initiative Energie speichern (Ines), „selbst dann nicht, wenn die Gasspeicher in unseren Nachbarstaaten vollständig befüllt worden sind.“ Dabei habe man „alle LNG-Terminals in Deutschland einberechnet“. Auch der grüne Energiepolitiker Michael Kellner, der früher Staatssekretär im Wirtschaftsministerium war, warnt, die Regierung dürfe die Bevorratung nicht schleifen lassen.
Welche Einschätzung die richtige ist, weiß aber niemand so genau. Der Ausfall einer Pipeline kann alles durcheinanderbringen. „Sollte das gespeicherte Gas wegen einer anhaltenden Kältewelle oder anderer Ereignisse knapp werden, wird sich vermutlich genug LNG auch aus den USA beschaffen lassen, allerdings dann zu deutlich höheren Preisen als jetzt“, sagt Experte Lohmann. Der Preis für Privathaushalte liegt zurzeit bei durchschnittlich zwölf Cent pro Kilowattstunde, hat der Bundesverband der Energiewirtschaft ermittelt. Vor dem russischen Angriff waren es weniger als sieben Cent.