Abverkauf am Anleihenmarkt

von Redaktion

München – Der Markt für Staatsanleihen ist in schwere Turbulenzen geraten. Bereits am Dienstag erreichte die Rendite 30-jähriger Bundesanleihen den höchsten Stand seit der Euro-Krise 2011. In den USA stieg die Rendite der 30-jährigen Bonds ebenfalls kräftig, britische Staatsanleihen kletterten auf den höchsten Stand seit 27 Jahren, sie lagen zeitweise bei 5,72 Prozent. In Frankreich lag die Rendite 10-jähriger Anleihen am Dienstag kurzzeitig über der griechischen. Weil sich Anleger rund um den Globus von Anleihen trennten, fielen deren Kurse – im Gegenzug führt das zu steigende Renditen. Gestern setzte sich der Abverkauf teilweise fort, stabilisierte sich aber wieder, erste Rückgänge waren schon wieder zu beobachten.

Jürgen Michels, Chefvolkswirt der BayernLB, sieht mehrere Ursachen für den Abverkauf. „Generell sehen wir, dass im Umfeld einer steigenden Staatsverschuldung – nicht nur in Deutschland, auch in anderen Teilen der Welt – die Renditen steigen.“ Und es könnte weiter aufwärts gehen: „Die 10-jährige Bundesanleihe sehen wir Mitte nächsten Jahres bei 3 Prozent, in den Jahren 2027 und 2028 erwarten wir weitere Anstiege.“ Auch Frankreich kämpft mit hohen Staatsschulden: Aktuell liegt die Schuldenquote bei 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – eine der höchsten im Euro-Raum.

Weiterer Treiber ist laut Michels die Politik von US-Präsident Donald Trump. „In den USA setzt Trump die US-Notenbank unter Druck. Kurzfristig kann das dazu führen, dass die Zinsen schneller und stärker gesenkt werden und die Notenbank weniger auf eine niedrige Inflation ausgerichtet ist.“ Ende August hatte US-Präsident Donald Trump etwa die Entlassung der Gouverneurin der US-Notenbank, Lisa Cook, angeordnet. „Wenn an den Märkten wieder mit steigender Inflation gerechnet wird, führt dies zu einem Anstieg der langfristigen Renditen“, sagte Michels.

Der Ökonom warnte: „Am Ende steigen nicht nur die Lebenshaltungskosten, auch für Staaten wird es teurer, sich zu finanzieren, wenn Anleger das Vertrauen in die Notenbank verlieren“, sagte Michels. „Und wenn dann die Zinsen allgemein steigen, wird es für Unternehmen schwieriger, Investitionen zu finanzieren und für Haushalte erschwert sich der Immobilienkauf.“ Das hätte eine konjunkturdämpfende Wirkung.SEBASTIAN HÖLZLE

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