Deutschland rüstet sich auch im Weltraum

von Redaktion

IABG-Eigentümer Rudolf Schwarz (links) im Gespräch mit Minister Florian Herrmann und dem Landtagsabgeordneten Maximilian Böltl.

Herzstück der neuen IABG-Testanlage: Die Thermalvakuumkammer zur Simulation von Weltraumbedingungen. © SCHUNK/IABG (2)

Ottobrunn – Moderne Kriege werden aus dem Weltraum geführt, sagen Verteidigungsexperten. So ist es auch in der Ukraine: Modernste Erdaufklärungssatelliten erfassen Truppenbewegungen am Boden und liefern die Zieldaten für Angriffe. Längst ist der erdnahe Weltraum zum Tummelplatz für Nachrichtendienste und Militärs geworden. Leider haben auch auf dem Gebiet der weltraumgestützten Erdbeobachtung die Supermächte USA, Russland und China die Europäer abgehängt. Insbesondere seit Trump in Washington regiert, ist den Europäern ihre Abhängigkeit von den Launen des US-Präsidenten schmerzlich bewusst geworden. Ihnen fehlte es bisher insbesondere an Testsystemen, um für die Entwicklung hochsensibler Satellitenkameras und Bildsensoren die im All herrschenden Extrembedingungen simulieren zu können. Doch das ändert sich nun mit Hilfe eines bayerischen Unternehmens. Die IABG in Ottobrunn nahm gestern ihr über 100 Millionen Euro teures neues „Testzentrum für elektro-optische Satellitensysteme“ in Betrieb. Zahlreiche Militärs und Politiker, an ihrer Spitze Bayerns Staatskanzleiminister Florian Herrmann und Staatssekretär Rolf-Dieter Jungk aus dem Berliner Forschungs- und Weltraumministerium, waren dazu nach Ottobrunn gekommen. Professor Rudolf Schwarz (74), Chef und Eigentümer der IABG mit ihren 1200 Mitarbeitern, unterstrich die überragende Bedeutung des neuen Testzentrums: „Wir haben hier die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Deutschland satelliten-gestützte Schlüsseltechnologien eigenständig entwickeln, testen und betreiben kann, ohne auf ausländische Akteure angewiesen zu sein.“ Verfügbarkeit und Qualität modernster Satellitenkameras gelten heutzutage als mitentscheidend für die sicherheits- und verteidigungspolitische Souveränität Deutschlands und Europas. Grünes Licht aus Berlin für das Projekt hatte es bezeichnenderweise wenige Tage nach der Zeitenwende-Rede des damaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz gegeben.

Bayerns Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) sprach von einem „großartigen Tag für Bayern“. Die weltraumgesteuerte Erdbeobachtung sei zu einem unerlässlichen Element der Landesverteidigung geworden, und Bayern spiele als „Space Valley Europas“ eine zentrale Rolle bei der Stärkung der Sicherheit des Kontinents. Wörtlich sagte Herrmann: „Der deutsche Urlaub von der Geschichte ist zu Ende, wir müssen unsere Verteidigung neu organisieren“, und das neue IABG-Testzentrum sei „eine der Antworten“. Staatssekretär Jungk nannte das Projekt einen „weiteren Leuchtturm“ der bayerischen und deutschen Hightech-Agenda. Bei der IABG, lobte Jungk, kämen „Hightech-Spirit, Mut und Können“ auf die beste denkbare Weise zusammen. Das in den 60-er Jahren unter dem Namen „Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH“ als staatliche Testeinrichtung für die Luftfahrt und das Verteidigungsministerium gegründete Unternehmen gilt heute als Perle der bayerischen Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie. Es war 1993 privatisiert und später durch seinen damaligen Manager Rudolf Schwarz erworben worden. Heute bietet das Unternehmen ein breites Portfolio von Dienstleistungen unter dem thematischen Dach der „Sicherheit“: Es prüft zum Beispiel die Funktionssicherheit neu entwickelter High-Tech-Produkte und entwickelt Lösungen für automatisiertes Fahren, engagiert sich aber zunehmend auch im Bereich von Verteidigung und militärischer Sicherheit. Doch nicht nur die IABG macht der bayerischen Staatsregierung Freude. Der gesamte Standort entwickelt sich immer mehr zu einem führenden europäischen Innovationszentrum im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik, der Experten eine sich rasant beschleunigende nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche Bedeutung attestieren. Neben etablierten High-Tech-Unternehmen haben sich hier etliche Start-ups und Think-Tanks wie das Bauhaus Luftfahrt angesiedelt, und auch die TU München errichtet gerade ihren neuen „Aerospace“-Ableger hier im Südosten Münchens.

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