Schokolade ist um 21 Prozent teurer. © Robert Günther, dpa
Der Kaffeepreis legte um 23 Prozent zu. © Jens Büttner, dpa
Teurer Einkauf: Kartoffeln waren im August zwar 17 Prozent billiger als im Vorjahr, dafür sind die Preise für Obst um sieben Prozent gestiegen. © Soeren Stache, dpa
Wiesbaden – Eine kleine Tafel Ritter Sport für mehr als zwei Euro, Zartbitter-Schokolade für rund fünf Euro, ein Kilo Kaffee-Bohnen für über 20 Euro oder ein Schälchen Erdbeeren für vier Euro: Wer gerade durch die Regale im Supermarkt stöbert, muss manchmal kräftig schlucken. Denn während sich die Preise für Heizen und Tanken wieder etwas normalisiert haben, hat sich die Teuerung im Supermarkt festgesetzt.
Im August lagen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Freitag bestätigte. Damit ist die Inflation nach vielen Monaten mit sinkenden Raten erstmals in diesem Jahr wieder gestiegen. Auch wenn 2,2 Prozent nicht viel klingen, hat sich mit Lebensmitteln und Getränken erneut eine Warengruppe verteuert, deren Preise viele Menschen genau beobachten. Um 3,2 Prozent zum Vorjahr stiegen die Preise laut den Statistikern dort. Besonders heftig war der Preisanstieg etwa bei Kaffee mit 22,8 Prozent, Schokolade (21,3 Prozent) oder Obst (7,1 Prozent) zogen an, während Gemüse 1,1 Prozent günstiger war als ein Jahr zuvor (minus 1,1 Prozent).
Klima, Löhne und hohe Energiepreise
Dass der Anstieg kein einmaliger Ausreißer ist, zeigt ein längerer Blick zurück. Kaffee und Schokolade haben sich seit dem Jahr 2020 um etwa zwei Drittel verteuert, Quark und Rinderhack ebenso, Erdbeeren sind rund die Hälfte teurer. In der Statistik gibt es kaum ein Lebensmittel, dessen Preis in den vergangenen fünf Jahren nicht mindestens um 30 oder 40 Prozent gestiegen ist. In der Corona-Pandemie hatte das mit Lieferengpässen zu tun, später im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine dann mit explodierenden Energiepreisen, die auf die Lebensmittelproduktion durchschlugen. Obwohl Energie laut Statistischen Bundesamt im August um 2,2 Prozent billiger geworden ist, sind die Kosten für Strom und Gas weiter hoch.
Doch es gibt weitere Gründe: Der Klimawandel sei „längst im Supermarkt angekommen“, erklärte Ritter-Sport-Chef Andreas Ronken schon im Mai in einem Interview mit „Capital“ und berichtete von schlechten Kakaoernten in Ghana und der Elfenbeinküste. Die globale Erwärmung spüren fast alle Landwirte weltweit, Hitze, Dürren, Unwetter und Hagel werden immer heftiger. Zudem verlangen Arbeiter wegen der Teuerungen mehr Geld, auch in der Lebensmittelbranche und im Einzelhandel.
Rabattjagd beim Discounter
Der anhaltende Preisanstieg hinterlässt Spuren in den Konsumgewohnheiten, wie eine am Freitag veröffentlichte Umfrage von Yougov zeigt. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Anfang September Befragten gab dort an, ihre Einkaufsgewohnheiten wegen der hohen Preise verändert zu haben. Von diesen wiederum geht etwa die Hälfte eigenen Angaben zufolge inzwischen häufiger zum Discounter statt in den Supermarkt. Fast drei Viertel (71 Prozent) derjenigen, die inzwischen anders einkaufen, achten stärker auf Sonderangebote. Ein gutes Drittel kauft seltener oder weniger ein. Um Geld zu sparen, achten 84 Prozent, die umgestellt haben, stärker darauf, weniger Lebensmittel wegzuwerfen.
Dass sich die Lage an der Preisfront im Supermarkt deutlich entspannen wird, ist eher unwahrscheinlich. Steigende Löhne machten zuletzt vor allem Dienstleistungen teurer, was kurzfristig auch die Preisspirale bei Lebensmitteln ankurbeln könnte. Und langfristig muss sich die Branche auf mehr klimabedingte Probleme wie Ernteausfälle, Dürren, Hagel und Schädlingsbefall einstellen, weshalb Experten bereits von einer „Climateflation“ – einer klimabedingten Verteuerung von Nahrungsmitteln – sprechen. MIT MATERIAL VON DPA