IQM stellt in Finnland seine eigenen Chips her. Das Rechenzentrum ist in München. © IQM
Das deutsch-finnische Start-up IQM ist aktuell der erfolgreichste Hersteller von Quantencomputern. Im Interview erklärt Geschäftsführer Jan Götz, wie seine Firma die amerikanischen Tech-Riesen in nur sechs Jahren überholen konnte.
Herr Götz, was genau tun Sie bei IQM?
Wir sind die größte Firma in Europa, die Quantencomputer baut. Das sind neuartige Rechner, mit denen man komplexe Probleme lösen kann, an denen konventionelle Superrechner heute scheitern. Etwa in der Pharmaindustrie oder dem Finanzwesen. Wir entwickeln die Technologie, fertigen die Chips und bauen die Computer. Und inzwischen haben wir mehr Quantencomputer verkauft als jede andere Firma.
Sie sind ein sehr junges Unternehmen. Warum kommt die Entwicklung von Ihnen und nicht von Branchenriesen wie IBM?
Wir haben IQM 2019 aus einer Uni-Gruppe heraus gegründet. Das war an der Aalto-Universität in Helsinki. Wir sind natürlich nicht die Einzigen, in den USA gibt es auch große Start-ups, von denen einige sogar schon an der Börse sind. Aber Europa ist in der Forschung führend und deshalb konnten wir seit 2019 komplett aufholen. Das Problem war bisher eher die Skalierung.
Sie haben erst kürzlich 275 Millionen Euro eingeworben.
Das ist die größte Finanzierungsrunde, die es in Europa für Quantentechnik jemals gab. Und wir brauchen das Geld: Wir haben nicht nur unser Rechenzentrum, wir unterhalten auch eine eigene Chip-Fabrik. In den USA gibt es noch mehr Geld, da sammeln die Start-ups teilweise Milliarden ein. Aber ich glaube, dass wir mit dem Geld deutlich besser umgehen: Die Fehlerkorrektur in unseren Rechenprozessen ist zehnmal effizienter als das, was Google macht.
Was zeichnet Sie aus?
Herkömmliche Superrechner haben einige Megawatt-Anschlussleistung, unsere Computer brauchen nur wenige Kilowatt – also viel weniger Strom. Innerhalb der Quantencomputer zeichnen sich unsere Rechner durch Geschwindigkeit und vor allem Produktreife aus.
Was heißt das?
Wir haben Computer ausgeliefert, die 100 Tage gelaufen sind, ohne dass jemand nachjustieren musste. Das haben die meisten Konkurrenzprodukte nicht, da muss immer ein Mensch nachhelfen. Das hilft uns im Markt sehr weiter.
Von einem Computer würde ich erwarten, dass er weit mehr als 100 Tage laufen kann.
In der Quantenphysik sind Informationen aber nicht stabil. Es gibt Prozesse, die Informationen angreifen und Fehler in den Berechnungen erzeugen. Deshalb sind Quantencomputer heute noch nicht serienreif. Das ist aber ein Problem, das man lösen kann, und da haben wir sehr viel Arbeit reingesteckt.
Wer braucht Quantencomputer?
Gekauft werden unsere Computer vor allem von Forschungseinrichtungen, die damit etwa fundamentale Physik simulieren. In der Cloud, also in unserem Rechenzentrum, haben wir auch Industriekunden. Die sehen alle das Thema Quantencomputer kommen und wollen es nicht verpassen. Das bedeutet: Die bauen Teams auf, die Anwendungsfälle für Quantencomputer erarbeiten und testen diese dann auf unseren Maschinen.
Ihr erstes Rechenzentrum steht in München. Weshalb?
München ist ein strategisch sehr wichtiger Standort, wir beschäftigen hier 90 unserer 330 Mitarbeiter. Zum einen hat die Stadt ein starkes Quanten-Ökosystem, es war also relativ leicht, ein Team aufzubauen. Dazu kommen die Investoren. Viel von dem Geld, das wir haben, kommt aus München. Und dann gibt es hier viele Industriekunden, die Interesse an unseren Anwendungen haben.
Was sind technisch die nächsten Schritte?
Wir sehen uns vor allem als Chip-Entwickler, wollen also wie Nvidia jedes Jahr eine neue Generation auf den Markt bringen. Aktuell haben wir Computer mit 54 Qubits Rechenleistung in Betrieb. Wir arbeiten gerade daran, die erste Generation mit 150 Qubits in den Markt zu bringen. Spannend wird es aber ab 1000 Qubits: Ab da bauen wir unsere automatische Fehlerkorrektur ein.
Will Ihre Kundschaft davor keine fehlerfreien Rechnungen?
Natürlich, aber das muss erstmal entwickelt werden und das braucht Zeit. Bisher gibt es keinen fehlerkorrigierten Quantencomputer am Markt, das machen alle von Hand. Aber sobald wir unsere automatische Fehlerkorrektur anbieten, bringt das noch mal ganz neue Anwendungsfälle für unsere Kunden.
Wann ist das so weit?
Unsere 1000 Qubit-Chips sollten in zwei, drei Jahren fertig sein.