Die Bundesregierung will einen neuen Haushalt aufstellen. Ökonomen und der Rechnungshof kritisieren die Zweckentfremdung des Sondervermögens. © Monika Skolimowska/dpa
Berlin – Man könne nicht mehr ausgeben, als man einnimmt: Das war im Bundestagswahlkampf das Mantra der Union und ihres Kanzlerkandidaten Friedrich Merz. Nach gewonnener Wahl scheint davon nicht mehr viel übrig. Das sagen zumindest Kritiker angesichts der Etatplanung für 2026 und dem Finanzrahmen bis 2029, die ab kommender Woche im Bundestag diskutiert werden. Die Ausgaben des Bundes steigen demnach 2026 um 18 Milliarden auf 520,5 Milliarden Euro. Dem stehen geschätzte Einnahmen von 430,6 Milliarden Euro gegenüber. Bis 2029 soll das Haushaltsvolumen auf 572,1 Milliarden Euro anwachsen. Für die Jahre 2027 bis 2029 ergibt sich eine Finanzierungslücke von 170 Milliarden Euro.
850 Milliarden Euro neue Schulden
Gestopft werden die Löcher mit Schulden. Die Nettokreditaufnahme steigt 2025 im Kernhaushalt auf 89,9 Milliarden Euro, hinzu kommen den Plänen des Finanzministeriums zufolge 84,4 Milliarden Euro für die beiden schuldenfinanzierten Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität sowie für die Bundeswehr. Bis zum Ende der Legislaturperiode 2029 dürften sich insgesamt rund 850 Milliarden Euro an neuen Krediten auftürmen. Durch die höhere Verschuldung wachsen auch die Zinsausgaben des Bundes. Während sie im kommenden Jahr noch gut 30 Milliarden Euro betragen dürften, steigen sie bis 2029 laut Regierungsschätzungen auf 66,5 Milliarden Euro pro Jahr an.
Eine hohe Bürde für die junge Generation, die aber nötig ist, betonen Union und SPD. Sie verweisen auf notwendige Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Betreuung, Wohnraum, moderne Krankenhäuser, Digitalisierung, Klimaschutz sowie vor allem in die innere und äußere Sicherheit. Ziel sei es, Wachstum zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern, wodurch die Einnahmen auch wieder steigen würden. Auf insgesamt 126,7 Milliarden Euro sollen sich die Investitionen allein in diesem Jahr belaufen, so die Bundesregierung.
Ein Blick in den Haushaltsplan für 2026 von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) zeigt, dass an wichtigen Stellen wirklich mehr ausgegeben wird. Den größten Zuwachs gibt es beim Bundesverteidigungsministerium mit einem Budget von knapp 82,7 Milliarden Euro statt 62,4 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Einschließlich der Gelder aus dem Sondervermögen Bundeswehr sind es mehr als 108 Milliarden Euro – Geld, mit dem die „Zeitenwende“ umgesetzt werden soll.
Doch es gibt auch umstrittene Posten: Die um sieben Milliarden höheren Ausgaben des Arbeitsministeriums mit nun 197,4 Milliarden Euro etwa sind der mit Abstand höchste Einzeletat. Schuld ist nicht nur das viel kritisierte Bürgergeld. Der allergrößte Teil fließt in die Rentenkassen, nämlich fast 128 Milliarden Euro. Auch das ist eine Rekordsumme. Angesichts der weiter ungebremst steigenden Sozialausgaben sind viele Experten enttäuscht über die Haushaltsdisziplin der neuen Regierung. „Der Bund darf nicht länger über seine Verhältnisse leben“, kritisierte der Bundesrechnungshof in einer Analyse zum Bundeshaushalt 2026. Die Regierung müsse wieder mehr aus den laufenden Einnahmen stemmen.
Sondervermögen für Sozialausgaben?
„Die Bundesregierung finanziert mit dem Sondervermögen jetzt auch die Mütterrente“, spitzt auch Michael Hüther vom arbeitgebernahen IW Köln zu. Die Bundesregierung nutze das Sondervermögen, um Investitionsvorhaben aus dem Kernhaushalt in den Schuldentopf zu verschieben um mehr Spielraum für Sozialausgaben zu haben. So würden die Ausgaben für die Bahn im Haushalt um 13,7 Milliarden gekürzt, dafür gebe es 18,8 Milliarden aus dem Sondervermögen. Dort seien auch 2,5 Milliarden für Autobahnbrücken vorgesehen, im Kernhaushalt dafür 1,7 Milliarden weniger. Für den Breitbandausbau gebe es 2,3 Milliarden aus dem Schuldentopf, im Haushalt spare man aber 1,8 Milliarden ein. Und für Krankenhäuser seien ursprünglich drei Milliarden aus dem Bundesetat vorgesehen gewesen, die nun über das Sondervermögen laufen.
Die Verschiebung von Geldern sei wohl noch höher, vermutet Hüther, die Umbuchungen seien nur zu undurchsichtig. Die Bundesregierung habe versprochen, das Sondervermögen nur für zusätzliche Investitionen zu nutzen – und nicht als Verschiebebahnhof für Sozialausgaben. „Nur fünf Monate später zeigt der Entwurf des Bundeshaushalts 2026 das genaue Gegenteil – allen Warnungen zum Trotz.“