München – China nutzt seine Vormacht bei Rohstoffen für wichtige Zukunftstechnologien immer aggressiver – und versetzt damit die europäische Industrie in Panik, wie Christian Hell vom Rohstoff-Händler Tradium gegenüber dem „Handelsblatt“ erklärte.
Konkret leidet die europäische Halbleiter- und Rüstungsindustrie unter Engpässen bei dem wichtigen Halbmetall Germanium. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Exporte aus China nach Europa im ersten Halbjahr um fast 60 Prozent eingebrochen. In die USA exportiert China wegen des Handelskriegs mit der Regierung Trump überhaupt kein Germanium mehr.
83 Prozent der weltweiten Germanium-Produktion, das unter anderem als Nebenprodukt bei der Verhüttung von Zink gewonnen wird, kommen laut der Londoner Denkfabrik International Institute for Strategic Studies aus China. Seit Ende 2024 stieg der Germaniumpreis für Europa wegen der chinesischen Export-Restriktionen um mehr als 60 Prozent.
Laut Tradium-Experte Hell haben die europäischen Unternehmen die Situation zunächst unterschätzt und gehofft, dass sich die Lage wieder beruhige. Doch inzwischen mache sich „blankes Entsetzen in der Industrie breit“, so Rohstoffexperte Hell. „Grob geschätzt fehlt der europäischen Industrie derzeit die Menge einer globalen Jahresproduktion.“
Anders als die USA habe die EU es versäumt, strategische Lager für Germanium aufzubauen. In Belgien gibt es zwar eine Firma, Umicore, die Germanium aus recyceltem Material gewinnt. Aber Umicore klagt über die Bürokratie in den EU-Mitgliedstaaten. Das EU-Ziel, bis 2030 ein Viertel des Bedarfs durch Recycling zu decken, rücke so in weite Ferne.KR