An den US-Börsen herrschte vor allem am Donnerstag Unruhe, die am Freitag auf weitere Märkte übergriff. © afp
Frankfurt/New York – Die Zions Bank aus Utah und die Western Alliance Bank aus Arizona waren bisher nur Experten ein Begriff. Nun sorgen die beiden Institute für einen Ausverkauf an den Börsen. Weil beide Probleme mit faulen Krediten haben, brachen die US-Bankaktien am Donnerstag ein und zogen am Freitag auch den deutschen Aktienindex Dax mit nach unten. Er lag am Nachmittag fast zwei Prozent im Minus und damit klar unter 24 000 Punkten. Die Aktie der Deutschen Bank verlor zwischenzeitlich sogar acht Prozent, die der Commerzbank drei Prozent. Gleichzeitig kletterte der Preis für Gold, das als Krisenwährung gilt, auf das Rekordhoch von 4378 US-Dollar.
Der Auslöser für diese Börsenturbulenzen klingt zunächst wenig spektakulär. Die Zions Bank hatte im dritten Quartal einen Verlust von 50 Millionen Dollar bekannt gegeben. Grund war ein Kredit in Höhe von 60 Millionen Dollar, den die Bank einem Fonds gegeben hatte und den sie nun per Klage zurückforderte. Gleichzeitig soll Western Alliance 100 Millionen Dollar von dem Fonds fordern, der in notleidende Kredite für Gewerbeimmobilien investiert. Vergleichsweise kleine Summen also, die dennoch auf große Beachtung treffen. Zuvor hatte es an der Wall Street nämlich bereits Probleme mit Autokrediten gegeben, weshalb die Großbank JP Morgan ihre Rückstellungen erhöhen musste. „Wenn man eine Kakerlake sieht, gibt es wahrscheinlich noch mehr“, hatte Jamie Dimon, der Chef von JP Morgan, das neue Misstrauen in der Finanzbranche auf den Punkt gebracht.
Obwohl sich die US-Börsen am Freitag beruhigten, ist man auch in Deutschland wegen der Vorgänge in den USA alarmiert. „Ob die gestrigen Meldungen über hohe Abschreibungen bei zwei Instituten bereits die Spitze des Eisbergs sind, kann noch keiner sagen“, erklärt Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. „Böse Erinnerungen an das Frühjahr 2023 werden wach, als die Pleiten der Silicon Valley Bank und Signature Bank den gesamten Markt mit sich rissen.“ Die Insolvenz der Start-up-Bank weitete sich damals schnell aus. Plötzlich standen Milliarden im Feuer und die Einlagensicherung musste einspringen.
Ob es wieder so kommt? Das ist unklar. Dennoch sind auch abseits der Banken die Risiken angesichts der globalen Wachstumsschwäche, der hartnäckigen Inflation und der geopolitischen Probleme groß. Viele Beobachter warnen deshalb schon länger vor einer Korrektur – zumal auch die Kurse zuletzt stark gestiegen sind. Der amerikanische Technologie-Index Nasdaq legte allein in den letzten zwölf Monaten mehr als 20 Prozent zu, der deutsche Dax über 25 Prozent, Rüstungsaktien wie Rheinmetall sogar um fast 250 Prozent. „Aktuell befinden wir uns in der sonderbaren Gemengelage, dass die Aktienmärkte teuer sind, obwohl die Stimmung außergewöhnlich schlecht ist“, sagt Andreas Beck vom Münchner Vermögensverwalter Index Capital.
Dass sich die Börse von der Realität entkoppelt habe, findet Beck jedoch nicht. Es habe immer wieder Crashs und Krisen geben: 2023 wegen der Pleite der Silicon-Valley-Bank, 2022 wegen Russlands Überfall auf die Ukraine, 2020 wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie, 2016 wegen des Brexits, 2010 wegen der Beinahe-Pleite Griechenlands und 2008 wegen der Finanzkrise. „Es gab also Jahr für Jahr gute Gründe, nicht zu investieren“, so Beck. Dennoch habe der globale Aktienindex MSCI World in den vergangenen 20 Jahren etwa 375 Prozent zugelegt. Langfristige Anleger sollten sich seiner Meinung nach also nicht zu sehr verunsichern lassen, rät der Finanzexperte.