Chefetage bei Pro7 abgelöst

von Redaktion

War das die Wende? Pier Silvio Berlusconi (r.) sprach Anfang September im Kanzleramt vor bei Minister Wolfram Weimer. © Kay Nietfeld

München – Bei der ProSiebenSat.1 Media AG hat der erwartete Umbau der Führungsspitze begonnen. Der von der Familie Berlusconi kontrollierte Medienkonzern Media for Europe (MFE), der seit September die Mehrheit an der deutschen Privatfernsehgruppe hält, schickt seinen bisherigen Finanzvorstand Marco Giordani als neuen Vorstandsvorsitzenden nach Unterföhring. Das teilte ProSiebenSat.1 am Dienstag mit. Der bisherige Vorstandschef Bert Habets tritt mit sofortiger Wirkung ab – angeblich „in bestem gegenseitigen Einvernehmen“.

Habets soll Giordani, der seit 20 Jahren dem MFE-Vorstand angehört, noch bis Jahresende bei ProSiebenSat.1 beraten. Habets war Ende 2022 von RTL zu ProSiebenSat.1 gewechselt und hatte als Vorstandschef versucht, den Einfluss von MFE bei der deutschen Sendergruppe einzudämmen. Die italienische Holding ist seit 2019 – damals noch mit ihrem alten Namen Mediaset – an ProSiebenSat.1 beteiligt und hat seit 2022 aggressiv die Übernahme betrieben.

MFE wird heute von Pier Silvio Berlusconi, dem Sohn des früheren Konzernchefs und mehrfachen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi (1936-2023) geführt. Bereits der Vater hatte mit dem früheren ProSiebenSat.1-Eigner Leo Kirch seit den 90ern strategische Allianzen angestrebt, um einen paneuropäischen Medienkonzern aufzubauen. Wegen der engen politischen Verbindungen der Familie Berlusconi zu rechtspopulistischen Kreisen ist das Engagement von MFE bei ProSiebenSat.1 umstritten.

Auch Medienstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) hatte die geplante Übernahme zunächst scharf kritisiert und Sorge um die programmliche Unabhängigkeit der Sender geäußert. Nach einem Treffen mit Berlusconi Anfang September begrüßte Weimer dann die Übernahme, da ihm Berlusconi versichert habe, die redaktionelle Unabhängigkeit bei ProSiebenSat.1 zu wahren und den Konzernstandort in Unterföhring bei München nicht zu schwächen. Berlusconi sprach Mitte Oktober auch bei Markus Söder in München vor, woraufhin dieser verbreitete, es gebe ein „klares Bekenntnis zum Medienstandort Bayern“. Söder weiter: „Wir freuen uns über die Zusage zum Erhalt des Standortes in Bayern, den Erhalt lokaler regionaler Nachrichten und sogar den zusätzlichen Ausbau der Bereiche KI und Innovation.“

Zur Sendergruppe gehören neben TV-Kanälen wie ProSieben, Sat.1, und Kabel 1 auch der Streamingdienst Joyn.

Neben Habets verlässt auch der bisherige Finanzvorstand Martin Mildner das Unternehmen. Er wird durch Bob Rajan ersetzt, der von der internationalen Unternehmensberatung Alvarez & Marsal zu ProSiebenSat.1 wechselt. Rajan soll die Position allerdings nur befristet führen.

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