Testlauf in ausgewählten dm-Märkten: Neben Sehtests soll es auch Hautscreening geben. Dazu kommt eine Online-Apotheke. © dm
München – Die Drogeriemarkt-Kette dm setzt verstärkt auf das Thema Gesundheit und will dort auch neue Wege gehen. Das Interesse der Menschen an Gesundheitsthemen nimmt zu, sagt Konzernchef Christoph Werner im Interview – und erklärt, wie Hautdiagnosen und Blutabnahme in den Filialen praktisch ablaufen sollen.
Herr Werner, dm will einen Fuß in den Markt für Gesundheit bekommen. Weshalb ist dieser Bereich für Sie spannend?
Wir nehmen ein zunehmendes Interesse an Produkten rund um das Thema Gesundheit wahr. Nicht zuletzt wegen des demographischen Wandels steigt die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten, um lange fit zu bleiben. Aber auch bei Jüngeren ist Gesundheit ein großes Thema.
Schlägt sich der Trend auch in Ihren Verkäufen nieder?
Ja, in der Nachfrage nach Produkten, die der Gesundheit förderlich sind. Unsere Bio-Produkte sind zum Beispiel sehr gefragt, aber auch Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine oder Produkte wie Haferdrinks oder Eiweißriegel. Gleichzeitig gibt es großes Interesse an rezeptfreien Arzneimitteln, beispielsweise gegen Erkältung oder zur Stärkung der Gesundheit. Deshalb vertiefen wir jetzt unser Sortiment mit einer Online-Apotheke für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig sind.
Das ist aber nicht das einzige neue Projekt, oder?
Wir testen drei weitere Neuerungen: Wir bieten in fünf Pilotfilialen künftig Augenscans und Blutanalysen an und haben außerdem ein Angebot für ein Hautscreening.
Wieso sollte jemand zu dm statt zu einem echten Arzt gehen?
Hier geht es nicht um Therapie, sondern um Diagnostik. In den kommenden Jahren werden mehr Menschen aus dem Gesundheitssystem in den Ruhestand gehen als dass neue nachkommen. Das wird zu großen Engpässen im Gesundheitssystem führen. Schon jetzt wartet man beim Arzt meist lange auf Termine. Das war für uns der Grund, ein niedrigschwelliges diagnostisches Angebot in diesem Bereich zu machen. Wir sind kein Arzt, aber wir können den Kunden bei der Entscheidung helfen, ob sie einen Arzt aufsuchen sollten.
Wie muss man sich das in der Praxis vorstellen? Nimmt die Kassenkraft bei dm dann Blut ab und begutachtet Hautprobleme?
Nein, wir arbeiten mit Partnern zusammen. Die Blutproben werden von hierzu qualifizierten Fachkräften abgenommen und dann in Laboren analysiert. Für den Kunden hat das den Vorteil, dass er dafür nicht extra zum Arzt muss mit entsprechender Wartezeit auf einen Termin, sondern das ohne großen Aufwand beim Einkauf gleich mit erledigen kann. Und bei den Augen- und Hautscans nutzen unsere Partner die innovativen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz und der Telemedizin …
… die dann nebenbei gleich eine passende Hautcreme vorschlägt?
Ja, auf Basis der kosmetischen Hautanalyse bieten wir passende Pflegeprodukte an. Das ist vergleichbar mit einer Drogistin, die eine Kundin berät. Gleichzeitig gibt es über unseren Partner dermanostic auch die Möglichkeit, eine auffällige Haustelle über eine App begutachten zu lassen. Anhand des Befundes kann dann entschieden werden, ob ein Hautarzt aufgesucht werden sollte.
Viele dieser Neuerungen zielen vermutlich auf jüngere Kundschaft. Die findet man schon jetzt überraschend oft in dm-Filialen, manche posten ihre Besuche sogar auf Tiktok. Wie versuchen Sie, für junge Leute relevant zu bleiben?
Über passende Produkte. Dekorative Kosmetik etwa spielt bei jungen Kundinnen eine viel größere Rolle als früher, da sie sogenannten Beauty-Influencern folgen. Wir stellen fest, dass viele von ihnen mit ihren Freundinnen zu uns in die dm-Märkte kommen, um etwa Lidschatten, Lippenstift oder Nagellack dann auch in der physischen Welt in Augenschein zu nehmen. Deshalb ist es wichtig, auch die Produkte im Sortiment zu haben, die gerade angesagt sind. So haben wir beispielsweise gerade die Beauty-Marke Sheglam in einigen dm-Märkten exklusiv in unser Sortiment aufgenommen, die bei Tiktok 10 Millionen Follower hat.
Spielt der Preis auch eine Rolle?
Ja, die Produkte müssen erschwinglich sein. Wegen der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit halten die Menschen ihr Geld zusammen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Entscheidungen am Regal. Wir spüren das an der guten Entwicklung unserer Eigenmarken, die relativ günstig sind, weil wir große Stückzahlen beschaffen und keine teuren Werbekampagnen für unsere eigenen dm-Marken finanzieren müssen. Mehr als jedes zweite bei dm verkaufte Produkte ist bereits eine dm-Eigenmarke. Das liegt auch daran, dass die Markenartikel über die letzten Jahre extreme Preiserhöhungen vorgenommen haben und der Preisabstand zu unseren Eigenmarken noch größer geworden ist.