Satelliten sind diversen Bedrohungen ausgesetzt. Industrie und Militär überlegen jetzt, wie man die Infrastruktur schützen kann. © Nasa/dpa
Ottobrunn – Luftwaffen-Inspekteur Holger Neumann brachte das deutsche Weltraum-Dilemma auf den Punkt „Wir haben Satelliten entwickelt im Glauben, wir seien von Freunden umgeben“, sagte er auf dem 2. Weltraumsymposium beim Ottobrunner Technologie-Dienstleister IABG. „Nun sehen wir Dinge, die uns umkreisen und nicht nur beobachten.“
Dabei war es einmal genau so gedacht: Die Erforschung und Erschließung des Weltraums soll friedlichen Zwecken dienen. Doch die entsprechenden Vereinbarungen sind, wie es der Kölner Weltraum- und Cyberrechts-Professor Stephan Hobe auf dem Symposium formulierte, „löchrig wie Schweizer Käse“.
Die Wirklichkeit: Staaten testeten mehrfach den Abschuss von Satelliten. Navigationssignale werden gestört (Siehe Kasten). Umgekehrt wurde GPS zunächst für die US-Streitkräfte entwickelt. Und niemand weiß, wie viele Satelliten nur militärischen Zwecken dienen und wozu sie in der Lage sind.
Der Weltraum sei „militärischer Operationsraum“. Das sagten unisono Luftwaffenchef Neumann und IABG-Inhaber Rudolf F. Schwarz. Seit 2021 gibt es das Weltraumkommando der Bundeswehr. Das US-Pendant gab es schon 1985. 2018 wurde die US Space-Force sogar zur sechsten Teilstreitkraft der USA. Deren erster Kommandant, John W. Raymond, betonte in Ottobrunn die strategische Zusammenarbeit im All. Sie sei entscheidend für die globale Sicherheit. „Die Weiterentwicklung von gemeinsamen Fähigkeiten, Zusammenarbeit und klare Einsatzregeln erhöhen die Abschreckungswirkung und Handlungsfähigkeit demokratischer Staaten.“
Und vieles, was Europa im Orbit stationiert hat, ließe sich nicht nur für wissenschaftliche Zwecke nutzen. Hochpräzise Sensoren und Kameras könnten bereits den Start einer feindlichen Rakete melden. Ein unschätzbarer Vorteil für deren Abwehr.
Vordringlich aber ist der Schutz der Infrastruktur im Weltraum. Satelliten sind ein mögliches Ziel. Soll man sie bewaffnen? Das würde vor allem den Weltraumschrott vermehren. Besser: die Fähigkeit zum Ausweichen entwickeln. Hilft gegen Angriffe und Schrottpartikel.
Gefährdet sind nicht nur künstliche Himmelskörper. Bodensegmente und ihre kaum zu übersehenden Antennen sind verletzlich. Unter anderem Töchter der IAGB entwickeln kleine, mobile Antennen, die nicht so leicht anzugreifen sind.
Zusätzlich muss der Verbindungsweg gesichert werden. Es ist kaum möglich, alle Felder auch nur aufzuzählen, in denen dringender Handlungsbedarf besteht. 35 Milliarden Euro hat die deutsche Politik dafür bereitgestellt. Die Industrie muss Kapazitäten schaffen und die Bundeswehr bürokratische Hindernisse schleifen. Die Bereitschaft aller Seiten zu einer engen Zusammenarbeit war als roter Faden in der Veranstaltung spürbar.
„Geld ist nicht mehr das Nadelöhr“ sagte Generalmajor Stefan Lüth, Amtschef des Planungsamtes der Bundeswehr. „Was wir nicht mehr haben, ist Zeit.“