Erleichterung an der New Yorker Börse. © Bryan Smith via www.imago-images.de
Washington – Im US-Senat haben Demokraten und Republikaner einen ersten Durchbruch zur Beendigung der längsten Haushaltssperre in der US-Geschichte erzielt. Abgeordnete beider Parteien einigten sich auf einen Vorschlag, der die Finanzierung der Regierungsausgaben bis Ende Januar sichern könnte. Sie machten damit den Weg frei für eine formelle Debatte über einen Antrag zur Übergangsfinanzierung von Bundesbehörden. Die Abgeordneten haben nun 30 Stunden Zeit, um über den Gesetzesentwurf zu diskutieren. Anschließend müssen sie über den Antrag abstimmen.
Auch danach ist der Fortgang jedoch ungewiss: Nach einer finalen Bestätigung im Senat müsste das US-Repräsentantenhaus dem zwischen den Parteien ausgearbeiteten Kompromiss noch zustimmen. Anschließend müsste US-Präsident Donald Trump unterschreiben. Diese Schritte könnten Tage in Anspruch nehmen.
Dennoch ist die Einigung ein erster Schritt zur Beendigung des seit mehr als 40 Tagen andauernden Haushaltsstreits. Und die Reaktion an den Börsen ließ nicht auf sich warten, schließlich drohte der längste Shutdown in der US-Geschichte bereits die Wirtschaftsleistung des Jahres nach unten zu drücken. Zuversicht stellte sich auch an der deutschen Börse ein. Aus Sicht von Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets ist die Basis für einen Neuaufbau der Rally im Dax gelegt: „Stand die Jahresendrally in der vergangenen Woche noch auf der Kippe, könnte sie genau heute ihren Startpunkt finden. So schnell kann sich der Wind an der Börse drehen.“
Neue Zuversicht schöpfen charttechnisch orientierte Analysten aus dem Kursverlauf an der Wall Street am Freitag: Da gab es bei den großen US-Indizes ein sogenanntes „intraday reversal“, das ab jetzt steigende Notierungen, vielleicht sogar die ersehnte Herbstrallye verheißt. Was war geschehen? Nachdem die Kurse in Amerika seit den am 30. Oktober verzeichneten Rekordhochs stark abgestürzt waren und auch der Freitag noch tiefrot eröffnet hatte, setzte ab Punkt 18 Uhr eine Kurserholung ein, die den Dow Jones, den S&P 500 und den technologielastigen Nasdaq 100 bis zum Handelsschluss stark steigen ließ. Solche massiven Kursumschwünge innerhalb eines Tages leiten an der Börse häufig kurz- bis mittelfristige Trendwechsel ein. So holte beispielsweise der Nasdaq innerhalb weniger Stunden ein Drittel seiner seit dem 30. Oktober verzeichneten Verluste von sechs Prozent wieder auf.
Auffällig waren die hohen Handelsumsätze und die zunächst noch miserable Marktstimmung. Der zwischen 0 (totale Panik) und 100 (nackte Gier) schwankende US-Fear-&-Greed-Index zum Beispiel rauschte auf Panikwerte von 20 Punkten ab. Ein solcher Extremwert gilt als Kontraindikator; wer in Panik ist, hat in der Regel schon verkauft und fällt als künftiger Verkäufer aus. Die Erklärung dazu: Viele Anleger warfen am Freitag, verunsichert durch Meldungen über eine platzende KI-Blase, voller Angst ihre Papiere auf den Markt. Solche „Kapitulationen“ bereinigen den Markt: Aktien wandern von zittrigen in feste Hände. Typischerweise erfolgen solche Umschwünge an markanten Wegmarken wie der 50-Tage-Durchschnittslinie, die am Freitag zusammenfiel mit der Unterkante des seit April laufenden Aufwärtstrends. Hier fassen sich charttechnisch orientierte Anleger oft ein Herz und greifen zu.
Das war Anfang September schon der Fall und Mitte Oktober erneut (siehe Grafik). Und auch an diesem Freitag wieder. Besonders ausgeprägt verlaufen solche Trendwechsel bei Momentum-Aktien wie dem KI-Champion Nvidia, dem ersten Unternehmen, dessen Marktwert kürzlich die 5-Billionen-Dollar-Marke knackte. Der Kurs des Chipherstellers legte vom Tief am frühen Freitagabend bis gestern Nachmittag bereits wieder um 8 Prozent zu, nachdem er in der vergangenen Woche zunächst um 15 Prozent gefallen war. Charttechniker halten es für gut möglich, dass sich die Kurserholung fortsetzt und die Kurse – ungeachtet oder gerade wegen der vielen Crash-Warnungen – auf neue Höhen klettern. Das renommierte US-Investmenthaus Wedbush bezifferte das Aufwärtspotenzial für Tech-Aktien gestern auf acht bis zehn Prozent bis zum Ende des Jahres. MIT MATERIAL VON AFP