Die NFC-Chips von Infineon werden von verschiedenen Anbietern in allen möglichen Gegenständen verbaut. © Infineon
Der Smart Chip wird von der gleichnamigen Firma vertrieben und ist in teilnehmenden Nagelstudios erhältlich.
Neubiberg – Das Parkticket bezahlen, ohne das Auto zu verlassen? Klingt praktisch und ist nur einer der neuen Alltagshelfer, die der Dax-Konzern Infineon gerade auf den Markt bringt. Wir haben uns die diesjährigen Neuheiten angeschaut.
Das Auto als Kreditkarte
Auto suchen, Parkautomat finden, Münzen einwerfen: Der Besuch im Parkhaus ist oft langwierig. Infineon will das besser machen. Denn mittels Ultrabreitband-Technologie (UWB) könnte die Schranke automatisch erkennen, wer vor ihr steht: „Unsere UWB-Chips können ein Objekt auf fünf bis zehn Zentimeter genau orten“, erklärt Timo Lisk, System Architekt für Bezahllösungen bei Infineon. „An der Schranke öffnet sich ein Fenster auf dem Bordcomputer und Sie müssen nur noch bestätigen: Ja, ich möchte bezahlen“. Die UWB-Technologie ist bisher vor allem von Autoschlüsseln bekannt, die das Fahrzeug öffnen, wenn der Fahrer sich nähert.
Die Anwendung ließe sich beliebig ausweiten: „Wir könnten uns die UWB-Technologie auch als Zugangskontrolle für Busse und U-Bahnen vorstellen. Das spart die Fahrkartenkontrollen durch Personal.“
Für die präzise UWB-Technologie hat Infineon 2023 den Schweizer Spezialisten 3db gekauft. Und die Neubiberger wollen nicht nur die Sensoren verkaufen: Infineon stellt auch die Sicherheitschips her, auf denen Fahrer ihre Kreditkartendaten sicher im Fahrzeug hinterlegen können. Hochsicherheitsanwendungen sind ein Spezialgebiet der Neubiberger, sie liefern auch Komponenten für Kreditkartenhersteller und Passdruckereien.
Ein Ring für alle Zwecke
Im Gegensatz zur UWB-Technologie steht die Near-Field-Communication, also Nahfeld-Kommunikation, besser bekannt als NFC. Dabei handelt es sich um Chips, die nur auf Signale reagieren, die dem Chip sehr nahe kommen. „Das Prinzip kennt man von Schlüsselkarten in Hotels oder den Bezahlchips in der EC-Karte“, erklärt Timo Lisk. Bereits seit einigen Jahren werden die Infineon-Bezahlchips in Modeschmuck-Ringe eingelassen, die dann als Kreditkartenersatz funktionieren. Bislang wurden die Chips aber ohne Batterie konzipiert, waren also immer auf externe Energiequellen wie Kartenlesegeräte angewiesen. „Jetzt haben wir einen NFC-Chip entwickelt, der an die Gerätebatterie angeschlossen wird“, so Timo Lisk. Der Chip misst nur 2,5 Millimeter im Quadrat und macht die smarten Ringe zu Multifunktions-Werkzeugen: „Mit so einem Ring können Sie bezahlen, ohne ihn direkt aufs Terminal halten zu müssen. Sie können aber auch Tickets hinterlegen oder die Autotür öffnen“, erklärt Timo Lisk. Die neuen Halbleiter stammen aus Infineons Entwicklungszentrum in Graz, eines der weltweit größten für NFC-Technologie. Und die klugen Ringe haben einen weiteren Vorteil: Im Gegensatz zu den relativ energiehungrigen Smartwatches müssen die Chips nur alle drei bis vier Tage aufgeladen werden.
Bezahlen mit dem Fingernagel
Wem sogar ein Ring zu sperrig ist, der könnte sich für den Smart Chip interessieren. Das ist ein batterieloser Chip, der mittels Klarlack auf dem Fingernagel befestigt wird. Auf dem Chip lassen sich Kreditkartendaten, Bordkarten, ein Autoschlüssel oder eine digitale Visitenkarte hinterlegen. Bei Bedarf drückt man ihn gegen das Lesegerät – am Kartenleser, Flughafen-Gate oder Smartphone – und überträgt damit seine Daten. Der Chip wird von der Schweizer Firma Smart Chip vertrieben, die Technik kommt aber von Infineon: „Sie müssen mindestens zwei Zentimeter an das Lesegerät herankommen. Damit sind versehentliche Bezahlvorgänge praktisch ausgeschlossen“, erklärt der Entwickler Timo Lisk. Der Chip ist seit diesem Herbst in teilnehmenden Nagel-Studios erhältlich, wo er mit handelsüblichem Klarlack aufgetragen wird. Händewaschen, Sport treiben, schwimmen – alles kein Problem. Am Ende wächst der Chip einfach raus.MATTHIAS SCHNEIDER