Der Robo-Kollege aus München

von Redaktion

21 Kraftmesser und Fingerspitzensensoren imitieren menschliches Feingefühl.

Aufgaben planen und Maschinen bedienen: Der Agile One soll extrem vielseitig sein.

Er hört, er versteht, er zeigt Reaktionen: Der Agile One soll vollständig autonom in Industriebetrieben arbeiten. Die Fertigung beginnt bereits Anfang 2026. © Fotos: Agile Robots SE

München – 1,74 Meter groß, 69 Kilo schwer und die präzisesten Roboter-Hände der Welt: Der Agile One aus der Roboter-Schmiede Agile Robots sieht nicht nur aus wie ein Mensch, er soll sich auch wie einer verhalten.

„Wir bei Agile Robots sind überzeugt, dass die nächste industrielle Revolution durch Physical AI geprägt wird“, erklärte Zhaopeng Chen, Chef und Gründer von Agile Robots gestern bei der Vorstellung des Agile One. Gemeint sind „intelligente, autonome und flexible Roboter, die die physische Welt wahrnehmen, verstehen und darin handeln können.“ Denn konventionelle Roboter können nur ihre eingestellten Programme abspielen und reagieren oft nur mit einem Notstopp, um Unfälle zu verhindern.

Anders der Agile One: Er hat nicht nur „reaktionsfreudige Augen“, sondern auch eine Kamera am Hinterkopf. Seine Hände, laut Agile Robots die weltweit fortschrittlichsten, bestehen aus jeweils 21 Gelenken, Kraft-Drehmoment-Sensoren in jedem einzelnen und extra Fingerspitzensensoren. Damit kann er „sowohl empfindliche als auch kraftvolle Aufgaben mit unvergleichlicher Präzision und Anpassungsfähigkeit meistern“, heißt es von Agile Robots. Weil er mit den menschlichen Arbeitern zusammenwirken soll, versteht Agile One gesprochene Anweisungen und kann sie selbstständig ausführen. Dabei soll er bemerkenswert vielseitig sein: Gegenstände aufheben und ablegen, Maschinen bedienen, Werkzeug benutzen und mehr.

Das Gehirn des Agile One ist eine leistungsstarke Künstliche Intelligenz (KI), die mit verschiedenen Informationen gefüttert wird. Dazu gehört einer der größten industriellen Datensätze Europas, aber auch tausende Stunden Videomaterial von echten Menschen. Dazu kommen künstlich simulierte Szenarien. Mit diesen Trainingsdaten auf der Festplatte kann Agile One gesprochene Anweisungen verstehen, Reaktionen zeigen, Aufgaben planen und Arbeiten ausführen. Dieses Phänomen wird unter dem Begriff physische KI zusammengefasst, den auch Firmengründer Chen mit seiner englischen Entsprechung „physical AI“ benutzt hatte. Das Training der Systeme soll künftig im neuen Rechenzentrum der Telekom im Münchner Tivoli-Park stattfinden. Agile Robots ist Ankerkunde des Großprojekts.

Die Fertigung soll bereits im ersten Quartal 2026 im oberbayerischen Fürstenfeldbruck beginnen. „Agile Robots fertigt alle Produkte selbst, um höchste Qualität und Kontrolle zu gewährleisten“, hieß es hierzu. Wie viele Arbeitsplätze geschaffen werden, war zum Redaktionsschluss unklar.

Agile Robots ist eine junge Firma, aber wächst rasant. An Standorten in Deutschland, China und Indien beschäftigt sie 2500 Mitarbeiter. Seit der Gründung 2028 hat der Betrieb seinen Umsatz jedes Jahr verdoppelt, 2024 waren es 200 Millionen Euro. Zu den Gründern zählen Zhaopeng Chen und andere Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Zu den Tochterunternehmen gehören audEERING, BÄR Automation, Franka Robotics und seit September auch die BMW-Ausgründung idealworks.

Agile Robots hatte mit der Produktion von fortschrittlichen Roboterarmen begonnen, baut sein Portfolio an Robotik-Lösungen aber strategisch aus, um möglichst Komplettpakete anbieten zu können. Idealworks ist etwa ein führender Anbieter von digitalen Fabrikzwillingen, mit denen man Produktionsabläufe planen, optimieren und Roboter steuern kann. Deshalb versteht Chen auch den Agile One als Teil eines Ganzen: „Wir sehen Agile One als Teil einer perfekt abgestimmten Automatisierungslösung, wobei jedes System miteinander verbunden ist und voneinander lernt. Dieser Ansatz, Physical AI auf ganze Produktionssysteme anzuwenden, ermöglicht unseren Kunden ein völlig neues Niveau an Effizienz und Qualität.“

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