Wacker Chemie streicht 1500 Stellen

von Redaktion

Paukenschlag beim Traditionsbetrieb: Ein Sparprogramm soll Hunderte ihren Job kosten. Wirtschaftsvertreter machen auch die Politik für die Krise verantwortlich.

Burghausen ist das Stammwerk und die größte Produktionsstädte des Chemiekonzerns. Auch hier sind Stellen in Gefahr. © Georg Willmerdinger/Wacker

Burghausen – Die Industriekrise erreicht auch Bayerns größten Stromverbraucher: Wacker Chemie will mehr als 1500 Stellen in den Bereichen Polysilicium und Polymere abbauen. Damit sollen jährlich rund 150 Millionen Euro eingespart werden. Noch einmal so viel will Wacker mit sonstigen Effizienzmaßnahmen gewinnen. „Die Maßnahmen, um unsere Sparziele zu erreichen, werden aktuell erarbeitet“, sagt Wacker-Vorstandschef Christian Hartel. Dafür sei man gerade in Gesprächen mit den Arbeitnehmer-Vertretern.

Wacker hatte nach den ersten neun Monaten dieses Jahres einen Nettoverlust von knapp 105 Millionen Euro gemeldet. „Ziel ist es, durch die Einsparungen unsere Kosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken“, sagte Vorstandschef Christian Hartel. Wacker Chemie ist nach Firmenangaben größter Lieferant des Halbleiter-Rohstoffs Polysilizium für die globale Chipindustrie. Der Konzern kontrolliert demnach die Hälfte des Weltmarktes. Weitere Geschäftsbereiche sind unter anderem Polymere – überwiegend Bindemittel und Zusatzstoffe für die Baustoffindustrie – und Biotechnologie. Größter Standort ist das Stammwerk im oberbayerischen Burghausen mit etwa 8000 Mitarbeitern.

Hartel machte die Politik mitverantwortlich für die schwierige Lage der Branche: „Insbesondere am Standort Deutschland erweisen sich die viel zu hohen Energiepreise und bürokratische Hemmnisse weiterhin als zentraler Bremsklotz für eine erfolgreiche Entwicklung der chemischen Industrie.“ Das bezieht sich unter anderem darauf, dass die Preise für Strom und Gas in China und den USA erheblich niedriger sind als in Deutschland. Wacker ist Bayerns größter Stromverbraucher.

Insbesondere die Produktion des Computerchip-Rohstoffs Polysilicium braucht extrem viel Energie. Wacker hatte deshalb erst im Sommer eine neue Ätzlinie in Burghausen eingeweiht, um die Qualität des Materials noch einmal zu steigern und die Margen zu verbessern.

Der Standort Deutschland wird voraussichtlich am härtesten getroffen: „Der Großteil wird an deutschen Standorten abgebaut werden. Einfach weil wir hier die meisten Mitarbeiter haben. Wir schauen uns aber auch Standorte in Asien und Nordamerika an“, sagte eine Sprecherin Hartels gegenüber unserer Zeitung.

Große Hoffnungen auf die versprochenen Energiepreisentlastungen setzt man bei Wacker nicht: „Es ist noch nicht sicher, wie der angekündigte Industriestrompreis im Detail ausgestaltet sein wird“, so die Sprecherin. „Wacker wird bereits über die Strompreiskompensation entlastet. Es könnte sein, dass sich diese Effekte nicht addieren lassen.“

In der Wirtschaft wächst die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung: „Jeden Monat verliert die deutsche Industrie rund 10 000 Beschäftigte, rund 2000 davon bei uns in Bayern“, sagte Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK). Weder die Ampelregierung noch die aktuelle Bundesregierung hätten die nötigen Strukturreformen angepackt. „Der Bundeskanzler fordert Geduld. Wir fordern Taten.“

Abgesehen von den heimischen Standortnachteilen leidet die deutsche Exportindustrie unter dem schwachen Dollar und der durch die unsichere Weltlage bedingten Zurückhaltung vieler Kunden in den Auslandsmärkten.CH/MAS

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