Wie sinnvoll sind Milliarden für Rechenzentren?

von Redaktion

Deutschland investiert massiv in Rechenzentren, doch Experten warnen vor Überkapazitäten. Die Konkurrenz aus den USA ist kaum einzuholen.

Berlin – Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Revolution. In großen Hallen voller Computer werden Daten gelagert und verarbeitet. Seit Neuestem kommen das Training von KI-Programmen und das sogenannte Cloud-Computing hinzu, weshalb die Branche rasant wächst. Vor allem in den USA und China werden immer mehr und immer größere Rechenzentren gebaut.

Da die chinesischen Rechenzentren sich de facto hinter der „Großen Firewall“ der Volksrepublik befinden und für den Westen nicht zugänglich sind, macht das die USA zum Beinahe-Monopolisten.

■ USA haben fast ein Monopol

Europa sieht darin wirtschafts- und sicherheitspolitisch ein Problem. Die EU-Staaten wollen, dass künftig mehr Rechenzentren diesseits des Atlantiks stehen. Jüngst wurde dazu auf einem Digitalgipfel in Berlin beraten. Das Ergebnis war eine Zusage aus der Wirtschaft, weitere zwölf Milliarden Euro zu investieren. Einen Tag zuvor hatte die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören, im brandenburgischen Lübbenau zum Spatenstich geladen. Sie baut ein eigenes Rechenzentrum – für elf Milliarden Euro.

Das klingt nach viel Geld, ist aber immer noch Lichtjahre von den Investitionen der amerikanischen Tech-Giganten entfernt. Laut dem US-Magazin „Wired“ planen Microsoft, Alphabet, Meta und Amazon, 2025 zusammen 370 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren zu investieren.

Damit wächst bei machen Analysten die Sorge, es könnte sich um eine Investitionsblase handeln. Denn aufgrund der sich schnell verbessernden Technik und des rasant steigenden Strombedarfs sind die Server in vielen Anlagen schon nach drei bis fünf Jahren veraltet. Zwar können die Bauteile oft weiterverwendet werden, doch damit geht ein großer Wertverlust einher, und bei der Aufbereitung fallen erhebliche Mengen Elektroschrott an.

Ein großer Teil des Kapazitätsausbaus geht auf Firmen zurück, die KI-Programme anbieten. Diese leben bisher vor allem von dem Versprechen zukünftiger Gewinne. Der größte der Branche, OpenAI, machte Berichten zufolge allein im dritten Quartal 2025 Verluste in Höhe von mehr als zwölf Milliarden Dollar. Gleichzeitig drängen immer effizientere KI-Modelle auf den Markt – etwa das chinesische DeepSeek, das für ähnliche Ergebnisse deutlich weniger Rechenleistung benötigt. Einige bekannte Investoren warnen deshalb vor dem allzu optimistischen Bauen von immer größeren Rechenzentren. Der umstrittene US-Milliardär Peter Thiel etwa hat seine Anteile am Chip-Hersteller Nvidia komplett aufgelöst. Er begründet den Schritt mit „wachsenden Befürchtungen hinsichtlich einer durch KI angeheizten Spekulationsblase bei Technologiebewertungen“. Zwar übertragen die jüngsten Quartalszahlen des Chip-Herstellers Nvidia die Erwartungen, dennoch bleiben Zweifel.

Für Deutschland stellt sich umso dringlicher die Frage, ob ein großangelegter Ausbau eigener Rechenzentren überhaupt sinnvoll oder strategisch notwendig ist. Zumal es ohnehin schwer vorstellbar ist, dass Deutschland mit den amerikanischen Ausbaukapazitäten konkurrieren könnte. Zu teuer ist etwa der hiesige Strom, von dem Rechenzentren sehr viel benötigen.

Digitale Souveränität liegt freilich nicht nur im Beton und Mörtel der Infrastruktur. Was wirklich zählt, sind die Besitzverhältnisse und die Kontrolle über die Technik. Jochim Selzer vom Chaos Computer Club fasst es so zusammen: „Ein Rechenzentrum ist in erster Linie nur ein Raum mit Kühlung, Strom, Internetanschluss und ein paar Leuten, die auf das Gebäude aufpassen. Mindestens so wichtig wie dieser Raum ist das, was drinsteht, und wenn Hardware aus den USA mit Software aus den USA von einer Firma aus den USA ferngewartet wird, ist nicht viel gewonnen.“

■ In Deutschland fehlt Risikokapital

Das ließe sich ändern, denn Deutschland hat eigentlich eine starke digitale Start-up- und Forschungsszene. Das Problem liegt jedoch im fehlenden Risikokapital und in der Sogwirkung, die ein Beinahe-Monopolist wie die USA ausübt. Die besten und innovativsten Start-ups wechseln deshalb meist auf die andere Seite des Atlantiks, wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben.

Das Beispiel der Rechenzentren zeigt, wie kompliziert das Thema digitale Souveränität ist. Die Bundesregierung will Datenschutz, wirtschaftliche Resilienz und technologische Unabhängigkeit Deutschlands stärken und bewegt sich dabei in einem hochkomplizierten Feld. Sie läuft Gefahr, einem Hype aufzusitzen.

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