Verheerende Schäden können Fluten anrichten. Künftig sollen alle Hausbesitzer ein bisschen mehr für eine Elementarschadenversicherung bezahlen, dafür sollen Policen in besonders gefährdeten Gebieten gedeckelt sein. © Christian Schulz, dpa
Berlin/München – Gut 400 000 Wohnhäuser in Deutschland sind stark durch Hochwasser bedroht – meistens, weil sie nahe an Flüssen stehen. Im Katastrophenfall kann das zu gigantischen Kosten für die Allgemeinheit führen. Deswegen schlägt der Verband der Versicherungen (GDV) jetzt eine Lösung vor, die quasi alle Eigentümer von Wohnhäusern betrifft. Die Bundesländer beraten am heutigen Donnerstag darüber.
Seit der extremen Überschwemmung des Ahrtals 2021 wird immer wieder über die sogenannte Elementarschadenversicherung diskutiert. Denn nur gut die Hälfte der hiesigen Wohngebäude sind für solche Fälle versichert. Vor dem Abschluss der Verträge schrecken viele Immobilienbesitzer zurück, weil die Prämien gerade für die besonders gefährdeten Häuser sehr hoch liegen. Andererseits argumentieren Politiker, der Staat solle nicht die Kosten tragen müssen, die die Privaten nicht zu schultern bereit sind.
So schlägt der Versicherungsverband nun folgendes vor: Die Mitgliedsunternehmen können die gut 400 000 Gebäude mit sehr hohem Risiko und potenziell sehr hohen Kosten an eine noch zu gründende Firma „Elementar Re“ weiterreichen. Diese stellte den betroffenen Eigentümern bezahlbare Prämien in Rechnung und würde ihre möglichen Verluste im Katastrophenfall durch eine regelmäßige Umlage auf alle Gebäudeversicherungen abdecken. „Viele zahlen sehr wenig, damit wenige nicht unbezahlbar viel zahlen müssen“, beschreibt der GDV das Prinzip.
Die zusätzlichen Versicherungskosten für ein gefährdetes Haus am Fluss ließen sich mit diesem Modell beispielsweise auf 1200 Euro pro Jahr begrenzen, sagte Anja Käfer-Rohrbach, die Vize-Geschäftsführerin des Verbandes. Um die Kostendifferenz im Schadenfall auszugleichen, müssten alle anderen Gebäudeversicherungen vielleicht um zehn Euro jährlich teurer werden. Der Verband hält das für eine akzeptable Kostenverteilung.
Für den Fall, dass dieser Mechanismus bei einem extremen Naturereignis nicht ausreicht, wollen die Versicherer zwei weitere Stufen einbauen.
Einen neuen Sicherungsfonds der Branche und eine staatliche Garantie der Kostenübernahme, sollten die Schäden abdecken, die 30 Milliarden Euro übersteigen.
Außerdem rät der Verband dazu, dass möglichst alle Gebäude mit einer Elementarschadenversicherung ausgestattet werden. Bei neuen Verträgen soll das automatisch enthalten sein, bei alten bis zu einem Stichtag aufgenommen werden. Allerdings würde der GDV Hausbesitzern erlauben, diesen zusätzlichen Bestandteil abzulehnen. Damit ginge allerdings der Verzicht auf staatliche Finanzhilfe im Schadenfall einher.
Die Überlegungen der momentanen schwarz-roten Bundesregierung gehen grundsätzlich in eine ähnliche Richtung, wie der Koalitionsvertrag zeigt. Differenzen herrschen im politischen Raum allerdings darüber, wie verpflichtend der Abschluss der Elementarversicherung sein soll. Während die Regierungskoalition das nur prüfen will, setzen sich die Landesregierungen für die gesetzliche Pflicht ein. In diesem Sinne dürfte das Thema bei der Ministerpräsidenten-Konferenz heute wieder zur Sprache kommen. So oder so rechnet GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen mit einem Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) im Jahr 2026.
Hermann-Josef Tenhagen vom Verbraucher-Infodienst „Finanztip“ plädiert ebenfalls für die Pflicht zum Vertragsabschluss. Sein Argument: Im Extremfall würde der Staat auch unversicherte Geschädigte nicht hängen lassen, wenn diese ihr Haus durch eine Flut verlören. Darauf würden manche Hausbesitzer spekulieren und ihre Kosten weiter auf die Allgemeinheit abwälzen.
Neben der Versicherungslösung bedürfe es weiterer Schritte, meint der Verband. Er rät dazu, den Klimawandel und seine Folgen besser einzuhegen. Dazu gehöre auch staatliche und individuelle Vorsorge. Aus der Katastrophe im Ahrtal habe man zu wenig gelernt, sagte Asmussen.
Staatliche Prävention kann zum Beispiel heißen, dass in gefährdeten Gebieten keine Häuser errichtet werden dürfen. Individuelle Prävention beinhaltet etwa, auf Privatgrundstücken Versickerungsmulden anzulegen, die das Wasser von Starkregen aufnehmen.