Das gilt künftig bei der Rente

von Redaktion

Die Bundesregierung will den Effekt des demographischen Wandels dämpfen. Das geht auf Kosten der Steuer- und Beitragszahler. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin – Der Rentenbeschluss der Koalition war eine schwere Geburt. Insgesamt drei Gesetzentwürfe umfasst das Rentenpaket, das der Bundestag am Freitag verabschiedete, nachdem unionsinterne Kritiker wochenlang dagegen mobilgemacht hatten. Was das Paket enthält – und warum es so umstritten war:

■ Rentenniveau

Das Gesetz verlängert das derzeit geltende Rentenniveau von 48 Prozent – also das Verhältnis der Rente zum Durchschnittsverdienst – über das Jahr 2025 hinaus. Es sieht konkret vor, diese Haltelinie für das Rentenniveau bis 2031 fortzuführen. Die Abkopplung der Renten von den Löhnen soll bis dahin verhindert werden. Die sich daraus ergebenden Mehrkosten der Rentenversicherung sollen aus Steuermitteln vom Bund erstattet werden, um Auswirkungen auf den Beitragssatz grundsätzlich zu vermeiden.

Die bisherige Haltelinie war 2019 zur Rentenstabilisierung eingeführt worden. Sie würde ohne das neue Gesetz Ende des Jahres auslaufen. Ohne Fortschreibung der Haltelinie würde das Rentenniveau von der Lohnentwicklung abgekoppelt. Das Bundesarbeitsministerium schätzt, dass das Rentenniveau dann bis 2031 um einen Prozentpunkt sinken würde – das seien für Rentner im Schnitt rund 420 Euro weniger im Jahr. Bis 2040 wären es sogar drei Prozentpunkte weniger – also dann 45 Prozent des Durchschnittseinkommens.

■ Koalitionsstreit

Die Verlängerung der Haltelinie bis 2031 ist auch in der Unionsfraktion unstrittig. Der Gesetzentwurf von SPD-Sozialministerin Bärbel Bas geht allerdings weiter und setzt die Rente langfristig höher an: Für 2035 sieht er noch ein Niveau von 46,7 Prozent und für 2040 von 46,0 Prozent vor – damit läge das Niveau jeweils einen Prozentpunkt höher als ohne das neue Gesetz. Darauf beharrt die SPD – und der Koalitionsausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung nochmals ausdrücklich darauf festgelegt. Bis kommendes Jahr soll allerdings eine Expertenkommission Vorschläge für eine langfristige Reform des Rentensystems formulieren. Diese könnten unter anderem die Erhöhung des Rentenalters und flexible Übergänge in die Rente beinhalten.

■ Kosten des Pakets

Sehr viel Geld. Laut Gesetzentwurf belaufen sich die Rentenausgaben 2025 auf 394,4 Milliarden Euro. Und in den kommenden Jahren steigen sie rapide. Wenn die Haltelinie bis 2031 verlängert wird, dürften die Kosten in dem Jahr bei 518,3 Milliarden Euro liegen, 2040 sogar bei 677,5 Milliarden Euro.

Vom Staat kommt im laufenden Jahr ein Zuschuss von 122,5 Milliarden Euro. Damit fließt jetzt schon jeder vierte Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rente. Die Kritiker des Rentenpakets aus der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion rechnen vor, dass die Festschreibung des Rentenniveaus für die 2030er-Jahre nochmal rund 120 Milliarden Euro zusätzlich koste.

Das ifo-Institut geht von rund zehn bis 15 Milliarden Euro jährlichen Zusatzkosten aus – insgesamt 145 Milliarden bis 2040. Das gesamte Rentenpaket zusammen mit der Ausweitung der Mütterrente und der Aktivrente würde laut einer Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bis 2050 insgesamt 479 Milliarden Euro kosten.

■ Mütterrente

Teil des beschlossenen Pakets ist die Ausweitung der sogenannten Mütterrente. Bei dem von der CSU in der Koalition durchgesetzten Vorhaben geht es um Kinder, die vor 1992 geboren sind: Auch bei ihren Müttern beziehungsweise Vätern soll künftig die Erziehungsleistung im vollen Umfang von drei Jahren anerkannt werden. Dies führt dann zu entsprechend höheren Renten der betroffenen Eltern. Die Kosten der Ausweitung werden auf rund fünf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt, sie sollen aus Steuern finanziert werden.

■ Aktivrente

Die neu eingeführte Aktivrente soll für Beschäftigte ein Anreiz sein, länger als bis zum Renteneintrittsalter in der bisherigen Stelle zu verbleiben oder einen neuen Job anzunehmen – auf rein freiwilliger Basis. Kernpunkt ist ein Steuerfreibetrag von 2000 Euro monatlich für alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters. Wer also beispielsweise monatlich 3000 Euro brutto aus seiner Beschäftigung verdient, müsste davon künftig nur 1000 Euro versteuern – den Rest nicht.

■ Kritik

Das Rentenpaket trifft in der Wirtschaft auf scharfe Kritik. Unternehmensverbände monieren die hohen Kosten. Sie forderten stattdessen strukturelle Reformen und niedrigere Lohnnebenkosten. Angesichts der „großen demografischen Herausforderungen“ brauche es „mutige und nachhaltige Entscheidungen“, erklärte der Präsident des Handwerksverbandes ZDH, Jörg Dittrich. Doch notwendige Reformen seien nun erneut in die Zukunft verschoben worden. „Dieses Paket ist daher weder generationengerecht noch zukunftsfest und trifft insbesondere das lohnintensive Handwerk.“

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