Auch nach 2035 wollen deutsche Autobauer in der EU ohne Strafzahlungen Verbrenner verkaufen. © Oliver Berg/dpa
Brüssel – Wenn die EU-Kommission am Mittwoch ihre Auto-Pläne vorstellt, hoffen die deutschen Hersteller auf ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk. Beim geplanten Verbrenner-Aus wollen sie Ausnahmen erreichen – und zwar möglichst große. Viele Forderungen hat mittlerweile auch die Bundesregierung übernommen. In einem Brief an die EU bittet Kanzler Friedrich Merz (CDU), dass nach 2035 „neben Plug-in-Hybriden und Elektrofahrzeugen mit sogenanntem Range-Extender auch hocheffiziente Verbrenner zugelassen werden können“. Auch Italien, Ungarn, Polen, Bulgarien, Tschechien und die Slowakei fordern das Ende des Verbrenner-Aus. Was will die Industrie? Und welche Maßnahmen sind denkbar?
■ Absenkung der Flottengrenzwerte
Die EU verbietet ab 2035 keine Verbrenner, sie setzt die erlaubten Flottengrenzwerte nur auf null herab, weshalb Autobauer für jedes Gramm ausgestoßenes CO2 ihrer Neuwagen hohe Strafen zahlen müssten. Als CO2-frei bilanziert die EU bisher nur reine E-Autos. Die Industrie dringt deshalb darauf, die Regeln aufzuweichen. Denkbar ist, dass nicht nur der CO2-Ausstoß am Auspuff angerechnet wird, sondern die CO2-Bilanz in der gesamten Produktionskette. So wäre es möglich, doch noch Verbrenner zu verkaufen, wenn im Gegenzug Emissionen in der Produktion und in der Lieferkette eingespart werden, hoffen die Hersteller.
■ Plug-in-Hybride und Range-Extender
Die Autoindustrie will erreichen, dass nach 2035 weiter Pkw mit Doppelantrieb zugelassen werden. Dabei geht es sowohl um Hybride, die sowohl mit einem Verbrenner als auch elektrisch fahren können, als auch um Range-Extender, bei denen ein kleiner Verbrenner-Motor die Batterie aufladen kann. Die Autobauer wollen, dass beide mit möglichst niedrigen Verbrauchswerten in die Flottenkalkulation einfließen, also möglichst sauber erscheinen. Die Bundesregierung steht hinter dieser Forderung. Nach 2035 sollen die Restemissionen durch Hybrid-Pkw ihrer Ansicht nach anderswo im Verkehrs- oder Kraftstoffsektor gespart werden.
■ Bio-Kraftstoffe und E-Fuels
Hier hat sich die Autoindustrie mit den Energiekonzernen verbündet. Beide Branchen fordern eine Ausnahme für Autos, die ausschließlich Bio-Kraftstoffe tanken – etwa aus einer Biogasanlage, aus altem Frittenfett oder synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels. Diese Pkw sollen nach Vorstellung der Industrie als Null-Emissionen-Fahrzeuge geführt werden, obwohl die verwendeten Kraftstoffe nach den gesetzlich festgelegten Berechnungsformeln unter dem Strich durchaus CO2 ausstoßen. Umweltschützer halten das für irreführend, Experten bemängeln zudem die schlechte energetische Effizienz von E-Fuels. So kann ein Windrad laut ADAC genug Energie für 1600 E-Autos erzeugen, beim Einsatz von E-Fuels reicht es aber nur für 250 Fahrzeuge. Für die Massenproduktion von Biokraftstoffen gebe es zudem zu wenig organische Abfälle wie Frittenfett.
■ „Hocheffiziente“ Verbrenner
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sorgte in der vergangenen Woche für Verwirrung, als er in seinem Brief nach Brüssel forderte, nach 2035 noch „hocheffiziente“ Verbrenner zuzulassen. Denn bislang konnten weder Regierungssprecher Stefan Kornelius noch Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) im Detail erklären, was die Bundesregierung unter diesem Begriff versteht. Autobauer wie BMW und Mercedes beziehen sich auf Autos, wie sie heute schon auf dem Markt sind. Ihnen zufolge sind auch sogenannte steckerlose Hybride und Mild-Hybride „hocheffizient“, bei denen ein kleiner Elektromotor Bremsenergie zurückgewinnen kann, sodass der Benzinverbrauch etwas sinkt. Der physikalische Wirkungsgrad von Verbrenner-Motoren ist jedoch immer deutlich schlechter ist als jener von E-Autos. Bei Benzinern werden laut Umweltministerium nur rund 20 Prozent der Energie in Vortrieb umgesetzt, der Rest verpufft als Wärme, bei Dieseln sind es 40 Prozent. Bei E-Autos fließen jedoch 80 Prozent und mehr in den Vortrieb. Das Entwicklungspotenzial bei Verbrennern dürfte zudem nicht mehr groß sein, die Technik ist schon sehr ausgereift.
■ Mehr Bauteile aus Europa
Im Gespräch ist eine Belohnung für Hersteller, die sogenannten grünen Stahl aus Europa in ihren Autos verbauen, der die CO2-Bilanz des Fahrzeugs senkt. Frankreich setzt sich darüber hinaus für einen verpflichtenden Mindestanteil europäischer Bauteile ein. Deutsche Autobauer lehnen diesen Vorschlag aber ab, weil er die Preise erhöhen und Handelspartner verärgern könnte.AFP/HÖSS