Netflix hat ebenfalls Interesse an Warner. © PATRICK FALLON, afp
Filmstudios von Paramount Pictures in Los Angeles: Die Dachgesellschaft Paramount Skydance will für umgerechnet 93 Milliarden Euro Warner Bros. Discovery schlucken. © MARIO TAMA, afp
München/Los Angeles – Wird gerade der Film neu erfunden – oder droht der Untergang des Hollywood-Kinos? In den USA ist eine Bieterschlacht um den Medienkonzern Warner Bros. entbrannt. Warner ist ein Hollywood-Urgestein, bekannt für Filmproduktionen wie „Barbie“, „Herr der Ringe“ oder „Matrix“.
Erster Kaufinteressent: Der Streaming-Gigant Netflix. Vergangene Woche kündigte Netflix an, große Teile des Warner-Konzerns für 83 Milliarden Dollar (71,2 Milliarden Euro) übernehmen zu wollen. Mit Serien wie „Stranger Things“ oder „Squid Game“ ist Netflix in den vergangenen Jahren selbst zum Filmproduzenten aufgestiegen. Mit einem Kauf hätte Netflix Zugriff auf den Warner-Streaming-Dienst HBO Max, bekannt für Produktionen wie „Game of Thrones“. Geschäftseinheiten von Warner, die nicht zum Netfllix-Geschäft passen – etwa Fernsehsender wie CNN – sollen nicht Teil der Übernahme sein.
Die Sache schien ausgemacht: Noch am Freitag hieß es sowohl von Netflix als auch von Warner Bros., das Geschäft sei von beiden Vorständen einstimmig genehmigt worden.
Es kam anders: Der Warner-Konkurrent Paramount Skydance legte ein neues Angebot vor. Paramount ist der zweite große Name in Hollywood, bekannt für Filme wie „Mission Impossible“, „Der Pate“ oder „Apocalypse Now“. 108,4 Milliarden Dollar (93 Milliarden Euro) will Paramount für Warner zahlen – und zwar für den Gesamtkonzern, Fernsehsender inklusive. Paramount richtete sich mit seinem Angebot direkt an die Aktionäre.
Das Paramount-Angebot ist politisch brisant: Paramount wurde vor wenigen Monaten von der Familie des Oracle-Gründers Larry Ellison übernommen, der Milliardär ist bekannt als Unterstützer von US-Präsident Donald Trump. Ellisons Sohn David führt seitdem die Geschäfte bei Paramount.
Um das nötige Kapital für eine Übernahme aufzubringen, hat David Ellison ein Konsortium geschmiedet. An Bord ist neben seiner Familie und Banken auch die Investmentfirma Affinity Partners von Jared Kushner, Schwiegersohn von Donald Trump. Der Gedanke liegt nahe, dass mit einer Übernahme durch Paramount die Unabhängigkeit des Nachrichtensenders CNN bedroht ist – CNN berichtet mit kritischer Distanz über Trumps Politik.
Der US-Präsident will in der Frage, wie es in Hollywood weitergeht, ohnehin mitsprechen: Den „großen Marktanteil“ von Netflix bezeichnete er am Sonntag als mögliches „Problem“, mit Blick auf die kartellrechtliche Prüfung sagte Trump, er werde „an dieser Entscheidung beteiligt sein“. Gleichzeitig fand er aber auch lobende Worte für Netflix-Chef Ted Sarandos.
In Hollywood selbst wurde ein möglicher Netflix-Einstieg alles andere als positiv aufgenommen. Netflix verdient sein Geld primär mit Streaming und nicht etwa mit der Vermarktung der Filme über die Kinos. Zwar dürften Filme von Warner auch unter der Regie von Netflix weiterhin im Kino zu sehen sein, schon kurz nach dem Kino-Start könnten die Filme aber im Streaming-Angebot von Netflix zu finden sein. Kinobetreibern droht damit ein Wegfall des Publikums, das klassische Hollywood-Kino wäre in Gefahr.
Der Chef des US-Kinobetreiberverbandes Cinema United, Michael O‘Leary (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Ryanair-Chef), nannte einen möglichen Netflix-Einstieg bei Warner eine „nie da gewesenen Bedrohung für das globale Kinogeschäft“. Ein solcher „Mega-Deal“ berge das Risiko, dass 25 Prozent der jährlichen Kinoeinnahmen in den USA verloren gingen. Und Paramount? Spielt sich jetzt als Beschützer des Kinos auf. Paramount-Chef David Ellison sagte, Paramount wolle Hollywood retten. Ob das wirklich der Fall sein wird – unklar.MIT MATERIAL VON DPA UND AFP