München – „Ökumene tut nicht weh, macht Freude, stärkt den Glauben und hilft, Grenzen zu überwinden“, umschrieb Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gestern in München die Bemühungen, für die er zusammen mit Kardinal Reinhard Marx mit dem Ökumene-Preis der Katholischen Akademie Bayern ausgezeichnet worden war. Marx, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, ergänzte, das Gedenkjahr zur Reformation habe gezeigt, aus einer konfliktreichen Geschichte könne man lernen. Dabei bleibe der Kern stets der christliche Glaube.
Die zunehmende Zusammenarbeit beider Kirchen wollte der Erzbischof von München und Freising nicht als „Ökumene der Not“ angesichts einer wachsenden säkularen Gesellschaft verstanden wissen. Vielmehr gehe es darum, im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) die Zeichen der Zeit zu deuten und sich gemeinsam, wie es etwa bereits in Krankenhaus- und Notfallseelsorge der Fall sei, zu betätigen. So sei zu überlegen, was zu zweit noch besser gelingen könne.
Die nach wie vor bestehende Trennung beider Kirchen beim Abendmahl sei von den Vertretern beider Seiten schmerzhaft auf der gemeinsamen Pilgerreise ins Heilige Land erfahren worden, berichtete Bedford-Strohm. So seien bewusst nicht nur ökumenische Andachten, sondern auch jeweils eigene Gottesdienste im Respekt vor dem anderen gefeiert worden, berichtete Marx. Doch: „Je näher man sich kam, umso mehr sagt man, das kann nicht so bleiben.“ Davon seien beide Seiten überzeugt gewesen. Der Wunsch nach einem gemeinsamen Abendmahl sei stärker geworden. Trotz seiner guten Zusammenarbeit mit Bedford-Strohm machte Marx deutlich, die katholisch-evangelische Gemeinschaft bleibe vielstimmig. Die Deutsche Bischofskonferenz wie auch die EKD seien „keine konfliktfreien Zonen“. Auf die Frage, ob er sich je gewünscht hätte, evangelisch zu sein, meinte der Kardinal: „Ich bin froh, wie es ist.“ Bedford-Strohm ergänzte, es gehe nicht um eine „Einheitssoße“, sondern auch darum, sich an gewachsenen Traditionen zu freuen. So würde er für eine Einheit nie die Frauenordination in der evangelischen Kirche aufgeben.
Die beiden Kirchenvertreter, inzwischen freundschaftlich verbunden und per Du, unterstrichen, dass im Gedenkjahr das Vertrauen zueinander ungeheuer gewachsen sei – und das bis in die Kirchengemeinden hinein. „Viele haben gelernt, dass wir gar nicht so unterschiedlich sind“, sagte Bedford-Strohm, der das gemeinsame Christsein betonte. Der Ökumene-Preis sei Rückenwind für die künftigen Bemühungen.
Miteinander, nicht übereinander zu sprechen sei wichtig, stellte Marx heraus. Wenn es jetzt zu Konflikten komme, was auch für die Zukunft nicht auszuschließen sei, dann gibt es laut Bedford-Strohm aber eine Vertrauensbasis, auf der man Probleme leichter lösen kann. Oder, wie Marx das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten beschrieb: „Die beiden bekommt Ihr nicht mehr auseinander.“
Von den Kirchen lasse sich lernen, über Grenzen hinweg immer wieder das Gespräch zu suchen, lobte Laudator Ulrich Wilhelm. Ein solches Gespräch nehme nichts weg von der eigenen Identität, „aber es hilft, aus der eigenen Filterblase herauszukommen“. kna/cm