In Rottach-Egern am Tegernsee winkt die Gemeinde mit dem Zaunpfahl – und das ist jetzt kein Wortspiel: Ein Villenbesitzer hat mit seinem wuchtigen Metallzaun, der sein Grundstück umgibt, gegen die örtliche Gestaltungssatzung verstoßen – diese lässt nur Holzzäune zu. Jetzt soll der Zaun wieder weg. Aber ganz so einfach wird das nicht gehen, wie Rechtsexperte Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag sagt.
Wie beurteilen Sie den Fall?
Wir gehen davon aus, dass in Rottach-Egern auf Basis einer Gestaltungssatzung der Gemeinde eingeschritten wurde. Das ist in der Tat eine nach der Bayerischen Bauordnung übliche Möglichkeit, wenn Gemeinden bestimmte gestalterische Elemente haben wollen. Das kann von der Hausfarbe bis zur Dachdeckung reichen. Es muss um eine einheitliche Gestaltung des Ortsbildes gehen.
Gibt es da Grenzen?
Man darf den Bürger nicht zu wahnwitzigen Dingen zwingen, beispielsweise eine Lüftlmalerei an allen Häusern vorschreiben oder giftgrünen Anstrich. Einheitlich rote Dachziegel kann man verfügen, aber nicht die Art, ob sie jetzt zum Beispiel glasiert sind oder nicht. Dann kann man auch Zauntypen vorgeben, Holzzäune etwa. Es reichen aber dabei meist auch Zäune, die ausschauen wie Holz. Denn es geht ja um die Gestaltung. Würde eine Gemeinde auch das Material vorschreiben, wäre das grenzwertig.
Wie ist es mit Hecken?
Ja, auch die Art der Einfriedung kann in einer Gestaltungssatzung festgelegt werden. Dazu gehören auch Hecken. So kann zum Beispiel die Verwendung von Thujen verboten werden. Oder wie hoch die Hecken maximal sein dürfen, um den Effekt des „Sich-Einmauerns“ zu unterbinden.
Aber der Metallzaun in Rottach-Egern muss weg?
Metallzäune, die schon vor Erlass der Satzung errichtet wurden, haben Bestandsschutz. Ist der Zaun neu, wie es hier wohl der Fall ist, und gab es die Satzung schon länger, dann kann die Gemeinde einschreiten. Allerdings ist für die Durchsetzung von Bauvorschriften das Landratsamt zuständig.
Die Gemeinde darf das nicht selbst verfügen?
Nein. Die Gemeinde kann dem Landratsamt Miesbach nur eine Liste von Verstößen schicken und bitten, man möge die Beseitigung verfügen. Das Landratsamt hat aber einen Ermessensspielraum, es ist kein Büttel der Gemeinde. Das Landratsamt muss auch systematisch vorgehen, es darf sich nicht nur Einzelne rauspicken. Wenn, dann gilt es für alle. Die Gemeinde müsste dann also eine komplette Liste aller Verstöße liefern. Das setzt voraus, dass Gemeindemitarbeiter sämtliche Grundstücke auf Altfälle oder mögliche Verstöße überprüfen.
Das dürfte viel Arbeit machen.
Sicherlich. Aber wenn Recht gilt, dann für alle.
Gibt es nicht eine Art Gewohnheitsrecht?
Nein. Es gibt den Grundsatz: Keine Gleichheit im Unrecht. Ich kann mich nicht damit herausreden, dass der Nachbar auch den falschen Zaun hat. Es sei denn, man kann nachweisen, etwa mit Zeugenaussagen, dass die Gemeinde von Verstößen tatsächlich gewusst hat, aber nichts unternahm. Dann wäre das Recht auf Durchsetzung der Gestaltungssatzung verwirkt.
Das Gespräch führte Dirk Walter