Klimawandel: Die Illusion vom ewigen Eis

von Redaktion

München – Seit fünfzig Jahren untersuchen Forscher den Vernagtferner im österreichischen Ötztal. Einer dieser Wissenschaftler ist Christoph Mayer. Er leitet die Forschungsstation der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an dem Gletscher. Die Nachrichten, die er von der auf 2640 Metern Höhe gelegenen Station mit nach München brachte, sind alarmierend. Vor einigen Jahren haben die Wissenschaftler eine Kamera am Berg installiert, um den Rückgang des Gletschers im Zeitraffer nachzeichnen zu können. Vor knapp 20 Jahren waren die Bilder noch voller Eis. „In zwei Jahren müssen wir die Kamera versetzen, weil der Gletscher sich aus dem Bild zurückgezogen hat“, sagt Mayer. Der Gletscherrückgang ist natürlich nicht nur im Ötztal zu beobachten. „Bis 2100 wird die Fläche aller Alpengletscher um 90 Prozent zurückgegangen sein“, prognostiziert Mayer. Der Mythos vom ewigen Eis, er ist zur Illusion geworden.

Hoch oben in den Alpen lassen sich die Folgen des Klimawandels wie durch ein Brennglas beobachten, denn dort steigt die Durchschnittstemperatur noch stärker als im Flachland. Und weil das die Bergwelt verändert, hat der Verein zur Schutz der Bergwelt gemeinsam mit der Alpenvereinssektion München und Oberland, der Alpenvereinsjugend und der Fachschaft Forst der TUM Weihenstephan ein Symposium veranstaltet, das die Zielsetzung schon im Titel trägt: „Klimawandel! Nicht verdrängen – Dagegen Steuern!“ Es sollte auch ein Zeichen sein, kurz vor der Klimakonferenz im polnischen Kattowitz, die heute beginnt.

Neben der Erkenntnisse des Glaziologen stellte DAV-Vizepräsident Rudi Erlacher die sogenannte Keelingkurve vor, eine Berechnung aus dem Jahr 1958, die den Anstieg der globalen Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Atmosphäre abbildet. Diese Fieberkurve gilt als wichtiger Beleg dafür, dass die globale Erwärmung vom Menschen verursacht wird. Keelings Erkenntnisse zeigen laut Erlacher einerseits: „Wir hätten es in der Hand, etwas zu verändern. Aber andererseits haben wir es in den letzten fünf Jahren nicht geschafft, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.“

Der Frage, warum Politik und Bürger beim Klimawandel träge reagieren, ist der Psychiater und Psychotherapeut Andreas Meißner nachgegangen. Er glaubt, dass viele die unangenehme Wahrheit schlicht verdrängen. „Würde der Klimawandel stinken, hätten wir schon längst etwas unternommen.“ DOMINIK GÖTTLER

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