Abbiege-Assistent: Druck auf Firmen wächst

von Redaktion

Immer wieder gibt es tödliche Unfälle mit Lkw, die Radfahrer beim Rechtsabbiegen übersehen. Abbiege-Assistenten könnten das Radfahren sicherer machen, doch solche Systeme sind nicht Pflicht. Manche Unternehmen gehen freiwillig in Vorleistung.

VON DIRK WALTER

München – Der Tod kam von links – in Gestalt eines Kieslasters, der am Montag vor zwei Wochen an der Münchner Corneliusstraße abbiegen wollte. Dabei erfasste der Brummifahrer einen Elfjährigen auf seinem Fahrrad – der Bub überlebte das nicht (wir berichteten). Immer wieder kommt es zu solch schrecklichen Unfällen – nach Zählung des ADAC starben allein 2017 insgesamt 37 Radfahrer bundesweit bei Zusammenstößen mit rechts abbiegenden Lkw. Lkw-Abbiege-Assistenten, so der Verkehrsclub, könnten solchen Unfällen vorbeugen. Doch noch sind diese Systeme freiwillig.

Der ADAC hat fünf Assistenz-Systeme getestet. Sie funktionieren teils mit Ultraschall, teils mit Kameras. Voraussetzung für das System ist, dass es mit eingeschalteter Zündung aktiv ist und nicht vom Fahrer abgeschaltet werden kann. Zudem muss es auch geringe Fahrradgeschwindigkeiten von 5 km/h erkennen und den Fahrer warnen – automatisch gebremst wird allerdings nicht. Fast alle schnitten gut ab, berichtet Alexander Kreipl vom ADAC. „Nur bei einem System gab es 59 Prozent Fehlauslösungen.“

Pflicht ist der Einbau des Abbiege-Assistenten nicht, weder bei Alt- noch bei Neufahrzeugen. „Nach unserer Meinung müssten diese Systeme aber fest zur Serienausstattung gehören“, sagt ADAC-Fachmann Kreipl. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzt auf Freiwilligkeit. Sein Ministerium hat das Förderprogramm gerade von fünf auf zehn Millionen Euro verdoppelt – was allerdings für die 3,6 Millionen Lkw in Deutschland kaum reichen dürfte. Abrufbar sind die Gelder über das Programm „De-minimis“ beim Bundesamt für Güterverkehr, das auch schon Unternehmen in Oberbayern in Anspruch genommen haben. Beispielsweise das Transportunternehmen Schuster in Waldkraiburg (Kreis Mühldorf): „Wir fahren oft nach München, beliefern Baustellen mit Betonfertigteilen“, sagt Firmenchef Franz Schuster. „Da macht das System absolut Sinn.“ In zwei Neufahrzeugen sind die Assistenten verbaut – 80 Prozent der Kosten kamen über „De-minimis“. Schuster ist allerdings noch eine Ausnahme. Der Großspediteur Georg Dettendorfer aus Nußdorf am Inn hat für seine 200 Lkw noch keine Abbiege-Assistenten. „Wir sind in der Entscheidungsfindung“, sagt er. Die Grundei Transport GmbH in St. Wolfgang (Kreis Erding) erklärt: Für ihre Betonmischer von Mercedes gebe es keine Systeme.

Ein neuer Vorstoß für die schnelle Einführung der Assistenten kommt von der Grünen-Bundestagsfraktion. Ihr Verkehrsexperte Stefan Geldhaar schlägt vor, die Straßenverkehrsordnung so zu ändern, dass Städte nur noch Lkw mit Assistenzsystemen in ihre Innenbereiche lassen können. Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag hält das für einen „interessanten Vorschlag – das könnte den Druck auf Hersteller und Firmen erhöhen“.

Scheuer hält von einer nationalen Regelung indes nichts. Er werde aber in Brüssel Druck machen, versprach er gestern am Rande der Messe „Transport Logistic“ in München. Die Pflicht zur Nachrüstung müsse schneller kommen als erst 2022. Das wolle er der künftigen neuen EU-Kommission auch sagen: „Komm, lass uns das früher machen. Ich bin damit nicht zufrieden.“

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