Jeder will Bergretter werden

von Redaktion

VON FRANZISKA FLORIAN UND FREDERICK MERSI

Garmisch-Partenkirchen – Auf Tourenskiern sucht Simon Hornsteiner mit einem Lawinen-Piepser auf dem Brauneck nach verschütteten Personen. Als wäre das nicht Herausforderung genug, muss er nebenbei noch erklären, unter welchen Bedingungen es zu einer Lawine kommen kann. Das – und viele andere Aufgaben – gehören zu Hornsteiners Ausbildung bei der Bergwacht in Mittenwald (Kreis Garmisch-Partenkirchen). Die Lawinenrettung war nur Übung, aber erst kürzlich war er auch bei einem echten Einsatz mit dabei – rund sieben Stunden lang. „Ein Mann musste mit der Trage vom Berg runtergebracht werden.“ Zwar habe er den Patienten nicht direkt versorgt – spannend war es dennoch.

Seit Mai 2019 absolviert Hornsteiner die Ausbildung zum Bergretter. Zwei Prüfungen fehlen dem 25-Jährigen noch. Die Ausbildung bei der Bergwacht ist zwar langwierig, doch die umfangreiche und teilweise komplizierte Bergrettung muss schließlich gut gelernt sein.

Auf die Idee, zur Bergwacht zu gehen, kam Hornsteiner aber nicht selbst. Sein Freund Korbinian Gallenberger hatte ihn gefragt, ob er nicht auch Lust hätte, weil sein Vater schon seit Jahren bei der Bergwacht ist. Er habe kurz überlegt und dann zugesagt. „Ausschlaggebend war für mich, dass man in der Natur unterwegs ist und gleichzeitig helfen kann“, sagt Hornsteiner.

Über einen Nachwuchsmangel kann sich die Bergwacht nicht beschweren. Bundesweit sind derzeit 12 000 Mitglieder bei der Bergwacht aktiv, 2000 noch in der Ausbildung. In Bayern sorgen rund 3500 Bergretter für Sicherheit rund um die Gipfel. Doch was reizt die Nachwuchsretter an dem durchaus zeitintensiven Ehrenamt? „Wir quälen sie so richtig – das ist der Trick“, sagt Klemens Reindl, Bundesleiter bei der Bergwacht und lacht. Doch die Erfahrung zeige tatsächlich: „Wo die Leute richtig gefordert sind, ist der Zuspruch da.“ Das untermauert auch die Aussage von Anwärter Hornsteiner: „Ich wusste, dass es nicht leicht ist. Aber ich hätte mir nicht vorgestellt, dass es so anstrengend ist.“ Doch genau das mache für ihn das Ehrenamt aus.

Die Ausbildung zum Bergretter umfasst psychische und körperliche Eignungstests und kann bis zu fünf Abschlussprüfungen mit sich bringen. „Viele merken schon vor den Eignungstests, dass das doch nichts für sie ist“, sagt Bergwacht-Bundesleiter Reindl. Rund ein Drittel wiederum schaffe die Abschlussprüfungen nicht. Wer aber dabeibleibt, schätze vor allem die Mischung aus Ehrenamt und Natur, so Reindl.

Genau deshalb hat auch Hannes Buchner bei der Bergwacht in Grainau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) begonnen. Bei einem Infoabend habe er sich mal angeschaut, was man da so macht. „Das hat mich überzeugt.“ Dass es ein nicht nur körperlich anspruchsvolles Ehrenamt ist, musste der 23-Jährige schnell feststellen: „Für die zwei großen Theorieblöcke ,Medizin’ und ,Naturschutz’ muss man sich schon hinsetzen und pauken.“ Doch er ließ sich nicht entmutigen. Nur eine Prüfung trennt ihn noch vom Ausbildungsende.

Schon während der Ausbildung hilft er kräftig mit. Einer seiner bislang 20 Einsätze ist Buchner besonders in Erinnerung geblieben: die Suche nach zwei Vermissten im Zugspitzgebiet. Alarmierung am Nachmittag um 15 Uhr. „Wir waren insgesamt zehn Stunden unterwegs und mussten bei Schnee über den Klettersteig auf der Zugspitze.“ Das geht auch für geübte Bergretter an die Grenzen. „Wir haben die beiden dann Gott sei Dank gefunden“, freut sich der Bergwacht-Anwärter. Sie konnten gerettet werden. Genau dafür ist Buchner zur Bergwacht gekommen.

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