München – Es ist ein Start ins Ungewisse. Am Freitag dürfen die Bergbahnen den Betrieb hochfahren. Aber unter welchen Bedingungen? „Wir wissen doch noch gar nicht, was da kommt“, sagt Jörg Findeisen, Geschäftsführer der Herzogstandbahn. Generell sei das Stammpersonal und die Technik jederzeit einsatzbereit, das alte Hygienekonzept aus dem vergangenen Jahr könne sofort wieder in Kraft treten.
Das Problem: aktuelle Hygienevorgaben existieren noch nicht, dem Verband Deutscher Seilbahnen lagen gestern immer noch keine Details vor. „Das ,Ihr dürft öffnen‘ ist wenig wert, wenn man es nicht schafft, innerhalb von sieben Monaten die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist peinlich“, sagt Findeisen.
Bei der Bayerischen Zugspitzbahn baut man hingegen auf das Konzept vom Sommer letzten Jahres und verschärft dieses eigenständig. Gäste erhalten nur Zutritt, wenn ein negativer PCR/POC-Antigentest vorliegt, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Vollständig Geimpfte oder genesene Besucher müssen ebenfalls einen entsprechenden Nachweis mitbringen. Zudem ist eine Registrierung aller Gäste zur Kontaktnachverfolgung verpflichtend.
Die Vorfreude überwiege zwar, nachdem man sieben Monate unter der Zwangsschließung gelitten habe, sagt Verena Altenhofen, die Pressesprecherin des Unternehmens. Trotzdem seien derzeit noch viele Fragen offen: „Wenn die Testpflicht wegfällt, würde das unsere Arbeit deutlich erleichtern. Bei unserem aktuellen Hygienekonzept ist der Personalaufwand deutlich höher (daher bleiben die Alpspitz- und Kreuzeckbahn geschlossen, Anm. d. Red.). Wir brauchen Personal, das lenkend zur Seite steht, die Fragen der Gäste beantwortet.“ In der Wankbahn dürfen pro Kabine (bei gleichem Hausstand) bis zu vier Personen befördert werden, die Kapazität der Seilbahn Zugspitze und Gletscherbahn wird um 50 Prozent reduziert. Ob es einen Ansturm am Wochenende geben würde, könne derzeit noch überhaupt nicht eingeschätzt werden, sagt Altenhofen. Derzeit laufen zwar viele Anfragen ein, der Wetterbericht und die geschlossene Innengastronomie bremsen die Erwartungen jedoch.
Kleinere Bergbahnen geraten in die Bredouille, sollte die Kontrolle von Tests und Kontaktnachverfolgung verpflichtend werden. Bei der Herzogstandbahn arbeiten aktuell sieben Vollzeit- und zwei Teilzeitbeschäftigte. Zur Entlastung habe man bereits im letzten Jahr befristet zwei Vollzeitkräfte eingestellt – und eine externe Reinigungskraft für die regelmäßigen Oberflächendesinfektionen. Mit den zusätzlichen Kontrollen müsste nochmals um zwei befristete Vollzeitkräfte aufgestockt werden. „Wo soll ich in zwei Tagen bitte das Personal herbekommen? Wir bitten jetzt schon unsere Fahrgäste um Geduld, wie im letzten Jahr sind lange Wartezeiten nicht zu vermeiden“, sagt Findeisen.
Auch Andreas Weber von der Laberbergbahn hat „keine Ahnung, was wir alles umsetzen müssen“. Die Bahn im Oberammergau fährt mit zwei Mitarbeitern, einer ist im Tal, einer am Berg. Weber fragt sich: „Was mache ich, wenn ein Bergsteiger oben ankommt, nicht mehr kann, aber keinen Test hat?“
Die Brauneckbahn plant zwar mit einem Start am Wochenende, die Verantwortlichen warten ebenfalls sehnsüchtig auf aktualisierte Infektionsschutzmaßnahmen. „Das macht die Planung ziemlich schwierig. Wir wissen noch nicht, worauf wir uns einstellen müssen“, sagt Pressesprecherin Antonia Astendorfer. Eine Öffnung der Kampenwandbahn in Aschau im Chiemgau ist unwahrscheinlich, da man nicht abschätzen könne, ob eventuell verschärfte Corona-Auflagen erfüllt werden können.
Im Landkreis Miesbach bleiben aufgrund der Inzidenz alle Bergbahnen geschlossen. Für Peter Lorenz, Geschäftsführer der Alpenbahnen Spitzingsee sowie der Brauneck- und Wallbergbahnen, ist das „unverständlich“: „Die Situation ist nicht nur für die Bergbahnen, sondern für den ganzen Tourismus im Landkreis katastrophal.“ Lorenz befürchtet, dass die Regeln zu einer Bündelung der Ausflügler führt: „Es wäre klüger, wenn sich die Leute verteilen würden.“