Wahlkampf-Endspurt läuft ins Leere

von Redaktion

VON DOMINIK GÖTTLER

München – Ministerpräsident Markus Söder will sie schon sehen, die Trendwende für die Union. Doch bei den Umfragen verharren CDU und CSU vorerst weiter bei Werten von 21 bis 22 Prozent. Bleibt noch eine Woche, um das Debakel zu verhindern.

Allzu viele Wähler bleiben aber gar nicht mehr, die sich noch umstimmen lassen. Denn wie stichprobenartige Nachfragen in mehreren oberbayerischen Kommunen zeigen, hat ein erheblicher Teil der Bevölkerung sein Kreuzchen längst gemacht. Beispiel Rosenheim: In der Stadt gibt es gut 40 000 Wahlberechtigte. Davon hatten bis Donnerstagabend knapp 18 000 Briefwahl beantragt. Und davon wiederum haben bereits 9251 ihren Wahlzettel schon wieder bei der Stadt eingeworfen. Geht man von einer ähnlichen Wahlbeteiligung aus wie vor vier Jahren (74,2 Prozent), dann heißt das für Rosenheim: Etwa ein Drittel aller zu erwartenden Stimmen ist gut eine Woche vor der Wahl schon abgegeben.

In anderen Kommunen sieht das ähnlich aus. Die Briefwahlquote ist hoch wie nie. Dachau, Stand Freitag: 50 Prozent Briefwahlanträge. München 52 Prozent. Fürstenfeldbruck 45 Prozent. Vielerorts dürften es fast doppelt so viele Briefwähler wie noch vor vier Jahren sein. Und viele davon haben ihre Wahlumschläge schon abgegeben.

„Für die Parteien ist das frustrierend“, sagt Ursula Münch von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. „Denn das bedeutet, dass ein großer Teil der Kampagne im Wahlkampf-Endspurt ins Leere läuft.“ Für entschieden hält die Politikwissenschaftlerin die Wahl aber noch nicht. „Die Umfragen zeigen zwar bisher keine Trendwende, aber nach wie vor eine gewisse Bewegung.“ Untersuchungen hätten ergeben, dass sich vor allem strategische Wähler mit ihrer Entscheidung lange Zeit lassen. „Außerdem wird gemutmaßt, dass vor allem jüngere Wähler stärker auf die Briefwahl setzen.“ Münch erwartet deshalb, dass die Parteien im Wahlkampfendspurt gezielt ältere und konservative Wähler ansprechen, die traditionell lieber den Weg ins Wahllokal wählen.

Münch glaubt, dass der hohe Briefwahlanteil nicht nur mit der Angst vor Corona-Infektionen begründet ist und somit auch bei zukünftigen Wahlen bleiben wird. „Ich finde es schade, dass dadurch der Wahlkampf zu unterschiedlichen Zeiten beendet wird.“ Zumal bei dieser Entwicklung zu befürchten sei, dass der Wahlkampf immer früher beginne. Münch selbst geht deshalb lieber ins Wahllokal. Ganz anders als die Bundeskanzlerin, die heuer den Trend befeuert – und ebenfalls per Brief abstimmt.

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