Der perfekte Metzger für Veganer

von Redaktion

VON CORNELIA SCHRAMM

Schongau – Michael Walk dreht kein Fleisch durch seinen Fleischwolf. Der 29-jährige Metzgersohn setzt seit diesem Jahr auf Eiweiß aus Erbsen und Ackerbohnen. Was er am Ende in seiner Produktionsküche in Schongau verpackt, sind Burgerpatties und Bällchen – ohne Fleisch, rein pflanzlich. „Seit Ostern verkaufen wir sie in vier Geschmackssorten“, sagt er. „Online, an Restaurants und in den Boneberger Metzgerei-Filialen.“

Bricht bei der Metzgerei-Kette, die Walks Vater führt, jetzt die vegane Revolution aus? „Natürlich nicht“, sagt Walk und lacht. „Aber wieso sollte eine Metzgerei als Lebensmittelhandel nicht auch Kunden bedienen, die auf Fleisch verzichten möchten? Wir sehen ja jetzt, dass der Bedarf da ist.“

Walk isst selbst gerne Fleisch. Mit dem Metzgerei-Thema hat er aber nicht viel zu tun – seine Schwester Katharina schon. „Mein Vater und ich sind Metzger mit Leib und Seele“, sagt die 25-Jährige. „Aber daneben gibt es eben auch vollwertiges, fleischloses Essen. Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein.“ Und die Kundschaft gibt der jungen Metzgermeisterin recht: „Wir bemerken, dass viele Leute lieber weniger, dafür aber bewusster Fleisch essen – und mehr auf Qualität und Regionalität achten.“

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes stützen diese Beobachtung: Im ersten Halbjahr 2022 ist in Deutschland 7,9 Prozent weniger Fleisch produziert worden als im Vorjahreszeitraum. Die Anzahl der Schlachtungen ist schon seit 2017 rückläufig. Der Trend macht sich auch in Bayern bemerkbar: 2021 sank die Fleischproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent. Schon längst reagiert auch die Gastronomie auf den Wandel: „Auf den Speisekarten gibt es heute eine viel größere Auswahl an fleischlosen Gerichten. Käsespätzle mit kleinem Salat sind schon lange nicht mehr das einzige Gericht“, sagt Frank-Ulrich John, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes.

Das fleischlose Gericht zu wählen, sei keine Geldfrage, sagt John. „Schweinebraten etwa ist auf der Karte oft günstiger als regionales Gemüse. Wir stellen aber fest, dass für die Gäste nicht der Blick in den Geldbeutel zählt, sondern immer mehr der Nachhaltigkeitsgedanke.“

Das gilt auch für die Wirte: „In den 1980er-Jahren waren Fleischberge auf den Tellern normal – auch, wenn davon viel weggeworfen wurde“, sagt John. „Heute wird lieber eine kleinere Portion serviert oder individuell per Gewichtsangabe bestellt.“

Dafür, dass im letzten halben Jahr mit 3,5 Millionen Tonnen Fleisch fast acht Prozent weniger produziert wurde, ist der Rückgang bei Schweine- (zehn Prozent) und Rindfleisch (neun Prozent) entscheidend. Die Produktion von Geflügelfleisch bleibt mit 771 600 Tonnen konstant. „Viele Kunden ziehen Geflügel und Rind dem Schweinefleisch mittlerweile vor“, stellt auch Katharina Walk fest. „Es gibt tolle Produkte aus Schwein, aber Menschen, die auf ihre Ernährung achten, wählen eher Fleisch mit mehr Vitamin B6, B12 und Eisen.“

Und noch was hört Walk öfter: „Früher haben Kunden große Mengen Fleisch eingekauft, wenn die Kinder zu Besuch kamen. Heute gibt es wohl in jeder Familie mindestens eine Person, die auf Fleisch verzichtet. Deshalb fragen Kunden viel öfter nach Alternativen.“ Und die gibt es jetzt ja in den Filialen der Metzgerei Boneberger.

Katharina Walk wird die Metzgerei-Kette ihres Vaters übernehmen. Ihr Bruder Michael Walk hat Wirtschaftspsychologie studiert und will seine Firma sowie deren vegane Produktreihe weiter ausbauen. In den Metzgerei-Filialen verkaufen sich die veganen Patties und Bällchen gut. Vier Patties zu je 100 Gramm kosten 6,79 Euro. Neun Bällchen zu je 30 Gramm 4,99 Euro. Parallel hat Walk eine weitere Firma gegründet, um auch andere Abnehmer bedienen zu können: „Wir liefern Ersatz-Produkte wie veganen Leberkäse und Lyoner. Daraus stellen sie etwa veganen Wurstsalat her.“

Um weiter zu expandieren und mehr Mitarbeiter einzustellen, will Walk aus seiner Produktionsküche in Schongau ausziehen. „Wir ziehen nach Königsbrunn in den Kreis Augsburg um. Dort soll endlich auch der Extruder zum Einsatz kommen.“ Eine riesige Maschine, die die Erbsen- und Ackerbohnenproteine unter Druck in Streifen-, Taler- oder Bällchenform presst. „Er schafft 250 Kilogramm pro Stunde“, sagt Walk, während er gerade noch vegane Cevapcici im Akkord formt – und schwärmt: „Im September gibt es unsere Jalapeño-Sticks sogar im Paulaner-Zelt auf der Wiesn.“

Fleisch: Qualität

und Regionalität

sind gefragt

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