Wir wissen es: Björn Höcke, AfD-Chef in Thüringen, hat kundgetan, dass er Inklusion an Schulen beenden wolle. Die Teilhabe von Kindern mit Behinderungen sei eines der „Ideologieprojekte“, von denen man das System befreien müsse. So etwas bringe Schüler nicht weiter und mache sie nicht leistungsfähiger. Inklusion führe nicht dazu, „dass wir aus unseren Kindern und Jugendlichen die Fachkräfte der Zukunft machen“. Abgesehen von zahlreichen „nicht“-Sätzen, die Ausgrenzung von Menschen signalisieren, die anders sind und eigene Begabungen haben, ist das ein Menschenbild, das man kennt. Alles, was einem selber nicht passt, muss raus. Wer sagt, er wolle sich gar nicht vorstellen, was Menschen mit Behinderungen widerfährt, wenn rechtsextreme Politiker an die Macht kommen, der soll sich en detail an das letzte Jahrhundert erinnern. Gegen diese Ideologie muss man angehen.
Inklusion ist ein Menschenrecht. Die UNO-Konvention dazu hat Deutschland 2009 ratifiziert. Allerdings ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an dem, was diese Gesellschaft für die persönliche Entwicklung zur Verfügung stellt, längst noch nicht gesichert. Inklusion braucht Engagement, Kreativität und Fantasie. Rund 254 000 Kinder hatten in Deutschland im Schuljahr 2020/21 die Chance, in der Regelschule mit anderen gemeinsam voranzukommen. Über 330 000 Kinder in Deutschland gingen in die Förderschule. Die UNO-Konvention fordert eine ausnahmslose Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in das Bildungssystem – damit sie in der Mitte der Gesellschaft leben, lernen und arbeiten können. Ich weiß allerdings von Eltern, die dankbar für die Arbeit der Förderschulen sind und ihr Kind dort besser unterstützt wissen. Inklusion wird auch an der Regelschule nicht überall so gelebt, dass alles für alle zugänglich ist. Das muss man debattieren. Was aber gar nicht geht, ist der verächtliche Ausschluss von denen, die ein unhinterfragbares Recht auf ihr Da- und Sosein und auf Bildung haben.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft berichtet, Menschen mit Behinderung sind gut qualifiziert und arbeiten vor allem im Verarbeitenden Gewerbe und im Öffentlichen Dienst. Über eine Million Menschen mit Schwerbehinderung sind bei Unternehmen beschäftigt, die mindestens 20 Mitarbeitende zählen. Rund 220 000 sind in kleineren Unternehmen beschäftigt. Menschen mit Behinderungen sind auch für den Arbeitsmarkt unverzichtbar.
Mein Mann und ich haben einen zwölfjährigen Freund mit Down-Syndrom. Er heißt Theo Benjamin. Theo geht zur Schule und kickt wie ein Profi. Er ist ein integrativer Friedensstifter, humorvoll und voller Empathie. Er bringt seine Kumpels emotional eindeutig weiter und macht sie menschlich leistungsfähiger. Manchen Politikern ist er damit Lichtjahre voraus.