„Maske schützt immer noch“

von Redaktion

Fünf Jahre nach dem Corona-Beginn zieht ein Professor Bilanz

Abstand halten, Maske tragen: Das haben auch Schulkinder während der Pandemie gelernt. Ist davon noch was übrig? © pa

München – Vor fünf Jahren ging Corona gerade erst los – und die Pandemie veränderte die Welt in einem bis dahin ungeahnten Ausmaß. Was ist davon geblieben? Was lief gut? Was schlecht? Wir sprachen darüber mit Prof. Franz-Xaver Reichl, Beauftragter für Biologische Sicherheit unter anderem von Viren an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Was haben wir aus der Pandemie gelernt?

Dass wir in Deutschland sehr viel richtig gemacht haben. Erstaunlich war die schnelle Entwicklung von Impfstoffen. Das hätten nicht viele gedacht, dass das so schnell geht – und das bei einem Virus, das wie die Influenza A durch das schnelle Auftreten von Mutationen gekennzeichnet ist. Es ist kompliziert, dafür schnell den geeigneten Impfstoff zu entwickeln. Die Omikron-Variante hatte 30 Mutationen!

Hilft uns das für künftige Pandemien?

Ja. Die Frage ist ja nicht, ob es eine neue Pandemie geben wird, sondern wann. Die WHO gibt eine Liste von 30 potenziell pandemischen Erregern an, Top-Kandidaten wären Mpox, Dengue-Fieber und das Chikungunyafieber. Dazu gehören aber auch Cholera und Pest und die resistenten Krankenhauskeime sowie die Vogelgrippe. Was wir auch gelernt haben: das Abwasser zu analysieren.

Was bringt das?

Wir können aus dem Abwasser sehr genau ablesen, welche Viren aktuell grassieren. Und das mit einem geringen Aufwand. Diese Methode ist durch Corona entstanden, die Forschung wurde intensiviert. So kann man schnell reagieren, wenn es Auffälligkeiten gibt.

Obwohl Corona so präsent war, haben wir vieles wieder schleifen lassen. Maske, Abstand… Was wäre nach wie vor sinnvoll?

Die WHO hat die Pandemie ja 2023 aufgehoben. Aber es wäre natürlich gut, wenn man alle Desinfektionsmaßnahmen beibehalten hätte. Gründlich Hände waschen, Abstand halten, Maske tragen in der U-Bahn…das wäre für alle sinnvoll, nicht nur für Risikopatienten. Aber man muss schon unterscheiden zwischen einer alltäglichen Grippe und Corona.

Viele sagen, Grippe ist nicht so schlimm wie Corona.

Ja. In einer Studie wurden Daten von sechs Millionen Dänen ausgewertet. Zwischen 2022 und 2024 kamen 24 000 Patienten wegen Corona ins Krankenhaus, 8000 wegen Influenza. 3000 starben an einer Covid-Infektion, nur 489 wegen der Influenza. Heute noch ist Corona gefährlicher als die Grippe. Für ältere oder immungeschwächte Menschen besteht ein besonders Risiko, vor allem für die Ungeimpften – und Männer sind gefährdeter als Frauen.

Spielt Corona derzeit überhaupt noch eine Rolle?

Spitzenreiter ist im Moment das RSV-Virus, eine akute Atemwegserkrankung. Dagegen hilft die Maske übrigens auch hervorragend. Corona ist freilich noch da, aber mit einer geringen Inzidenzzahl. Zur Erinnerung: Das sind die gemeldeten Fälle innerhalb einer Woche auf 100 000 Einwohner. Aktuell liegt die Zahl bundesweit bei 3,1. Bayern liegt mit 2,7 im hinteren Fünftel. Sachsen ist vorne mit 5,7. Die andere Geschichte ist natürlich: Wer testet überhaupt noch?

Sollten wir auch andere Krankheiten so fleißig testen wie damals Corona? Damit könnte man Ansteckung verhindern, die richtige Medizin geben…

Auf jeden Fall wäre das gut. Es ist zum Beispiel überhaupt nicht sinnvoll, ein Antibiotikum zu verschreiben, wenn nicht eindeutig feststeht, dass das auch was bringt. Die Gefahr, dass resistente Keime entstehen, ist enorm! Zum Beispiel auch, wenn man das Antibiotikum nicht über den gesamten Zeitraum einnimmt wie verschrieben. Dann wirkt es irgendwann nicht mehr. Natürlich gibt es Fälle, in denen man es geben muss, aber es wird viel zu viel verabreicht. Mehr Tests könnten helfen.

Hat das Immunsystem von Kindern unter der Abschottung während Corona gelitten?

Die Studien dazu sind noch nicht abgeschlossen. Aber klar, wenn jemand nicht so häufig Allergenen oder Viren ausgesetzt ist, ist die Wahrscheinlichkeit größer zu erkranken. Andererseits hat man auch festgestellt, dass Kinder nicht so schwer an Corona erkranken. Aber damals wusste man das nicht. Es hätte ja auch sein können, dass reihenweise Kinder wegsterben. Das ist eine der Lehren, die man aus der Pandemie ziehen kann: Die Schulschließungen waren wohl überzogen, aber das wusste man halt erst im Nachhinein.

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