Bei jedem Anruf Lachgefahr

von Redaktion

Musik-Kabarettist Stefan Wählt (61) erstellt lustige Warteschleifen

Warteschleifen sind seine Leidenschaft: Kabarettist Stefan Wählt hat sich auf lustige Ansagen professionalisiert. © Höchsmann

Die Situation hat jeder schon erlebt: Man hängt in einer Telefon-Warteschleife, und während einem „Für Elise“ in die Ohren dudelt, wächst das Aggressionspotenzial direkt proportional zur Wartezeit. Ein Musik-Kabarettist aus dem niederbayerischen Eggenfelden schafft Abhilfe: Er komponiert und textet derart lustige Jingles, dass die Anrufer enttäuscht sind, wenn jemand abhebt. Dass der 61-Jährige dann auch noch Stefan Wählt heißt, kann kein Zufall sein.

„Bitte bleiben Sie am Apparat, der nächste freie Mitarbeiter ist für Sie reserviert“ – haben derart langweilige Ansagen Ihre Karriere als Jingle-Komponist befeuert?

Nein, das war völlig unabsichtlich. Meine erste Warteschleife habe ich vor 25 Jahren produziert. Das war damals für eine Firma, die Seniorenheime baut. Ich war gerade in meinen Anfängen als Kabarettist. Der Chef hat mich angesprochen, weil er seine Telefonanlage vom Mief des Standard-Gedudels befreien wollte. Ich habe ein Lied samt Refrain geschrieben. Mein Tourtechniker Josef Vaterl hat ein eigenes Tonstudio. Die erste Warteschleife haben wir gemeinsam produziert und mittlerweile sind daraus schon ungefähr 35 geworden – ein schönes Hobby.

Das aber eine ganze Menge Mühe macht: Immerhin stammen sowohl Text als auch Musik und Gesang von Ihnen.

Der Reiz liegt darin, für jeden Betrieb die passende Musik zu einem witzigen Text zu erfinden, die den Anrufer im Idealfall enttäuscht zurücklassen, sobald ein echter Mensch den Aufenthalt in der Warteschleife unterbricht. Das darf viel Arbeit sein. Wenn man etwas Gescheites macht, dann hält es auch länger und man hat länger Freude daran. Das gilt nicht nur für Warteschleifen.

„Also irgendwas steht da auf der Leitung – ja ned i – wahrscheinlich wieder irgenda Drucker, der si da rumdruckt“, haben Sie für ein Passauer Bürotechnik-Unternehmen gedichtet. Wie kommt man denn auf solche Ideen?

Ich besuche die Firma und rede mit den Inhabern. Dabei kann ich mir ein Bild von der Unternehmensphilosophie machen und abchecken, ob die Chefs eher lustig oder ernst sind. In sensiblen Bereichen wie bei Banken muss es ein bisschen seriöser zugehen. Ich habe auch mal für ein Seniorenheim komponiert. Da kannst du natürlich nicht allzu schwarzhumorig daherkommen. Ich lege gemeinsam mit den Auftraggebern die Musikrichtung fest und kläre, ob es in Mundart sein darf oder eher in gemäßigtem Dialekt. Und dann fahre ich heim und schreibe etwas.

Das könnte ich aber besser! Kommt Ihnen der Gedanke, wenn Sie in einer Warteschleife hängen?

Nein, eigentlich nicht. Ich will mich ja niemandem aufdrängen. Wenn eine Firma Interesse hat, dann meldet die sich eh. Ich hätte neben meinen Auftritten als Musik-Kabarettist sowieso keine Zeit, jeden Monat eine neue Warteschleife rauszuhauen. Was mich nervt, sind Schleifen, in denen man 20 Minuten drinhängt, Werbung angeboten kriegt und schließlich den Hörer danebenlegen muss, weil es kein Ende nimmt.

Einen Ihrer Top-Hits hört man bei der VR-Bank Rottal-Inn: „Griaß Gott, Sie san schon mittendrin – bei der VR-Bank Rottal-Inn “. Haben Sie eine Lieblingsschleife?

Eine meiner Lieblingsproduktionen war die für einen mobilen Narkosebetrieb in Passau. Da war der Chef ganz locker drauf. Aber irgendwann hat er gesagt, dass er eine Weiche in die Telefonanlage einbauen muss, um die Anrufe zu kanalisieren. Die hatten wohl am Tag rund 80 Leute in der Leitung, die nur die Warteschleife hören wollten. Deshalb kam dann die Ansage: Wenn Sie eine Vertragsfrage haben, drücken Sie die Eins. Wenn Sie eine Operation vor sich haben, drücken Sie die Zwei. Und wenn Sie die Drei drücken, dann können Sie die Warteschleife in voller Länge hören.

In der es unter anderem heißt: „Schlaf, schlaf, Kindlein schlaf. Dein Vater hüt‘ die Schaf und Dr. Baumann kontrolliert, dass uns dabei nix passiert.“ Was haben Firmen davon, wenn sie sich mit der Telefonanlage so viel Mühe geben?

Ich glaube schon, dass Humor so manchem Grantler den Wind aus den Segeln nehmen kann. Von einem Möbelhaus habe ich die Rückmeldung bekommen, dass in der Reklamationsabteilung eine ganz andere Stimmung herrscht, seit eine lustige Warteschleife installiert wurde.

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