Seit 100 Jahren wacht das Leibniz Institut für Lebensmittel-Systembiologie über unserer Ernährung. Ein Gespräch mit Institutsleiter Thomas Hofmann.
-Machen sich die Menschen heutzutage zu viel Gedanken über ihre Ernährung? Oder zu wenig?
Einige Menschen machen sich vermutlich zu wenig Gedanken, andere zu viel. Es gibt Menschen, die sich einseitig und ungesund ernähren, weil sie keine Zeit haben oder es ihnen schlichtweg egal ist. Andere sind übervorsichtig und meiden Inhaltsstoffe wie Gluten, die ein schlechtes Image bekommen haben, auch wenn sie es gar nicht bräuchten. Sie verzichten dann auf Vollkornprodukte, die durchaus zu einer gesunden Ernährung beitragen. Früher standen Fragen im Vordergrund wie: Habe ich genug zu essen? Heute stellen sich die Menschen eher die Frage, was ihnen schmeckt. Außerdem waren unsere Lebensmittel noch nie so sicher wie heute!
-Herr Hofmann, was ist heute die Hauptaufgabe Ihres Instituts?
Wir kombinieren Methoden der biomolekularen Grundlagenforschung mit Methoden der Bioinformatik und analytischen Hochleistungstechnologien. Damit wollen wir das Wechselspiel zwischen den komplexen Mustern an Lebensmittelinhaltsstoffen und dem menschlichem Organismus erforschen. Produkte, die auf Basis unserer Forschung entwickelt werden, sollen dazu beitragen, die Bevölkerung auch in Zukunft nachhaltig und ausreichend mit gesundheitsfördernden und wohlschmeckenden Lebensmitteln zu versorgen.
-Das Überangebot in unseren Supermärkten suggeriert, dass wir nie hungern werden . . .
Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2050 knapp zehn Milliarden Menschen den Globus bevölkern. Um die ernähren zu können, müssen in den nächsten 30 Jahren 60 Prozent mehr Lebensmittel produziert werden, und das, obwohl wir heute schon über 50 Prozent der anbaubaren Flächen für die Lebensmittelproduktion nutzen. Das bedeutet, wir müssen nachhaltigere, alternative Rohstoffe erschließen, neue Methoden der Lebensmittelherstellung erforschen und entwickeln.
Interview: Kathrin Brack