Warten auf Horst

von Redaktion

Seehofer will beim Spitzentreffen am Sonntag noch keinen Fahrplan vorlegen – Parteitag wohl erst später

Helsinki – Horst Seehofer sitzt am Mittwoch gerade im Flieger auf dem Weg nach Helsinki, als ihn die Nachricht quasi überholt. Aus Berlin meldet eine Zeitung, die eher nicht zu den Fachblättern der christsozialen Befindlichkeit gehört, der Parteichef habe sich entschieden: Er gebe den CSU-Vorsitz ab, wolle aber Bundesinnenminister bleiben. Als Seehofer in der finnischen Hauptstadt eintrifft und geduldig vor einem Manfred-Weber-Plakat posiert, dementiert er hart. „Eine fette Ente.“ Nichts sei entschieden.

So geht das schon seit Wochen: Der CSU-Chef lässt seine Partei zappeln. Das allgemeine Rätseln haben die vielen CSU-Delegierten mit ins herbstliche Finnland genommen. Der zähe Hochnebel vor der Tür passt ins Bild: Alle fischen im Trüben. Man witzelt, weil sich die Zeitung auf „mehrere unabhängige Vertraute aus Seehofers Umfeld“ beruft. Tatsächlich haben fast alle in der Parteiführung den Kontakt zum Chef verloren. In der Partei ist es derzeit nur so ruhig, weil der Rücktritt Seehofers, dessen Amtszeit bis Ende 2019 reichen würde, schon eingepreist ist.

Nur: Er sagt es nicht. Am Sonntagnachmittag um 16 Uhr will sich Seehofer mit der engeren Parteiführung zur Wahlanalyse treffen. Mit dabei: die zehn Bezirksvorsitzenden, die fünf Stellvertreter, der Ministerpräsident, die beiden Generalsekretäre sowie die Fraktionschefs Thomas Kreuzer und Alexander Dobrindt. Doch auch in diesem Kreis will Seehofer noch nicht verraten, wie die personelle Neuaufstellung aussehen soll. Er gedenkt, die Vereidigung des neuen bayerischen Kabinetts am Montag abzuwarten und sich dann Mitte der Woche zu äußern. In welcher Form, ist offen.

Am Sonntag dürfte es – neben der Europaliste – intensiv um die Aufarbeitung der Wahl gehen. Die Bezirksvorsitzenden wollen Seehofer ziemlich deutlich die Stimmung an der Basis übermitteln, die mit ihm eigentlich schon vor der Wahl durch war. Asylstreit, Maaßen-Streit – es reicht. In der Partei wird noch gerätselt, wie deutlich man Seehofer das sagen müsse. Drei Bezirksvorsitzende haben den Wunsch ihrer Vorstände in der Tasche, einen Sonderparteitag notfalls zu erzwingen. „Eine Verzögerungstaktik werden wir keinesfalls akzeptieren“, heißt es. „Der Horst“ solle ja nicht versuchen, sich als Parteichef ins neue Jahr, dann vielleicht bis Ostern oder zur Europawahl zu retten.

Sicher ist aber, dass der Sonderparteitag, bei dem ein Nachfolger gewählt werden könnte, nicht am 8. Dezember stattfindet, sondern wohl erst am 15., weil keine große Halle frei war. Damit kommt es nun doch nicht zu jenem Showdown, bei dem die beiden alten Kontrahenten Merkel und Seehofer quasi zeitgleich den Parteivorsitz der Unionsschwestern abgeben. Gegen seinen Willen ließe sich ein Parteitag zudem erst im Lauf des Januar oder Februar durchsetzen.

In der Parteispitze herrscht zudem inzwischen Einigkeit, dass man die Flanken der Partei stärker mit Köpfen besetzen will. Es soll nicht nur um Sicherheit gehen, sondern auch wieder um Soziales oder Umwelt. Gerade die Ökologie rückt in den Mittelpunkt – als Lehre aus dem Aufstieg der Grünen. Einfach wird das nicht: In Berlin wie in München besetzt der Koalitionspartner das Umweltressort.

Während alle den Abgang Seehofers als Parteichef voraussetzen, bleibt offen, ob er Innenminister bleiben will. Unter den Delegierten in Helsinki ist zu hören, die Partei würde dies zähneknirschend akzeptieren, kein Nachfolger drängt sich auf. Es werde „keinen Aufschrei geben“, heißt es auch in München. Die Berliner Koalition halte eh nur noch ein paar Monate.  mik/cd

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