Für den weltgrößten Flugzeugbauer Boeing ist die seit 2017 ausgelieferte 737-Max-Reihe der Verkaufsschlager schlechthin. Sie ist eine Weiterentwicklung des seit Mitte der 1960er-Jahre gebauten Mittelstreckenjets 737, dem meistproduzierten Verkehrsflugzeug der Welt. Die 737 gilt als extrem zuverlässig. Um gestiegenen Anforderungen des Luftverkehrs gerecht zu werden, wurde der zweistrahlige Jet immer wieder modernisiert. Auch unter dem Eindruck des Erfolgs des Konkurrenten Airbus versuchte Boeing, das Grundmodell bis an die Grenzen des Machbaren anzupassen.
Bei den Max-Versionen wurden – analog zum Modell A320neo von Airbus – vor allem sparsamere und größere Triebwerke unter den Tragflächen angebracht. Sie ragen bei Boeing aber weiter als bei anderen Versionen nach vorn und erschweren den Piloten in bestimmten Fluglagen die Kontrolle über die Maschine. Daher greift eine Steuerungssoftware nun stärker in das Geschehen ein. Seit dem Absturz einer 737 Max der indonesischen Lion Air im Oktober 2018 mit 189 Toten steht die Software im Verdacht, zumindest ein Teil der Unglückskette gewesen zu sein. Ob es auch diesmal so war, soll die Auswertung der gefundenen Blackbox ergeben.
Boeing hatte bis zuletzt Bestellungen für mehr als 5000 Maschinen der 737-Max-Reihe vorliegen, die das Unternehmen in vier verschieden langen Versionen anbietet – von der Max 7 bis zur Max 10. Ende Januar waren davon 350 ausgeliefert. Ryanair hat 135 solcher Jets geordert, betreibt aber bisher nur das Vorgängermodell 737. Die Lufthansa setzt bei sich und Töchtern wie Eurowings im Mittelstrecken-Segment komplett auf die Airbus-Konkurrenz.
Boeing kündigte eine rasche Erweiterung der Steuerungssoftware an. Die Überarbeitung der Software sei nach dem Lion-Air-Absturz erfolgt und werde in den kommenden Wochen bei sämtlichen Max-Maschinen installiert. Die US-Luftfahrtbehörde FAA drängt auf eine Nachrüstung „nicht später als im April“. Einen Flugstopp für die „737 Max“ verhängte die FAA bisher nicht. 2013 hatte der nagelneue Langstreckenjet Boeing 787 „Dreamliner“ wegen sich entzündender Lithium-Ionen-Akkus drei Monate weltweit nicht abheben dürfen. Im Fall der Max 8 wäre das für Boeing fatal, da hunderte Auslieferungen anstehen.
Während die Boeing-Aktie Kursverluste hinnehmen musste, seit dem Wochenende hat das Unternehmen 25 Milliarden Euro an Wert verloren, stieg die Aktie des größten Konkurrenten Airbus. Dass Boeing-Kunden sich nun dem unmittelbaren Konkurrenzprodukt A320neo von Airbus zuwenden könnten, halten Experten zwar für möglich. Jedoch seien die Bestelllisten für beide Flieger lang, sagte ein Börsianer. Dass Airbus kurzfristig Boeing-Flieger ersetzen könne, sei deshalb unwahrscheinlich. dpa