„Tierversuche sind durch nichts ersetzbar“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Können querschnittsgelähmte Menschen irgendwann wieder gehen und wie weit ist die Forschung in diese Richtung? Prof. Dr. Stefan Zausinger ist Leiter des Bereichs Wirbelsäule der Neurochirurgischen Klinik der Universität München.

Warum sind Menschen mit einer Rückenmarksverletzung gelähmt?

Das Gehirn gibt über Nervenbahnen im Rückenmark Signale an Beine und Arme, sich zu bewegen, umgekehrt werden Empfindungen an das Gehirn geleitet. Werden durch ein Trauma diese physischen Bahnen unterbrochen oder zerstört, bildet sich eine unkoordinierte Narbe. Sie hat nicht die Fähigkeit, die Nervenbahnen zu verbinden. Signale werden nicht mehr weitergegeben. Es wird daran geforscht, diese Wege wieder zu verknüpfen. Die Alternative ist, mit mechanischen Hilfsmitteln in Form eines Exoskeletts das Bewegen zu ermöglichen.

Wie weit ist die Forschung bereits?

Es gibt bei einer vollständigen Querschnittslähmung weiterhin keine etablierte Therapie, die zu einer zu erwartenden Regeneration oder funktionellen Besserung führt. Es gibt Forschungsanstrengungen in verschiedene Richtungen. Das sind biologische Untersuchungen, bei denen Forscher versuchen, Zellen zu animieren, um unterbrochene Faserverbindungen im Rückenmark wieder herzustellen. Diese Versuche passieren derzeit vor allem auf tierexperimenteller Basis mit Mäusen und Ratten.

Gibt es schon Erfolge?

Es gibt eine positive Entwicklung bei Ratten und Mäusen. Dort wurden Teilfunktionen der Zellen im Rückenmark wiederhergestellt. Allerdings erholen sich kleine Nager wesentlich besser als Menschen von derartigen Schäden.

Tierversuche sind umstritten. Würde ein Verbot die Forschung ins Stocken bringen?

In der Rückenmarkforschung sind Tierversuche durch nichts ersetzbar. Es gibt keine künstliche Zellkultur, die ein Rückenmark und die damit zusammenhängenden Extremitäten und das Gehirn abbildet. Hier ist die Forschung auf einen funktionierenden Organismus angewiesen. Er ist zum jetzigen Zeitpunkt durch nichts ersetzbar.

Ist es schon absehbar, bis wann solche Verletzungen heilbar werden?

Zum jetzigen Zeitpunkt kann man das nicht sagen, das wäre zu spekulativ. Der Transfer von Laborergebnissen in die klinische Praxis oder Studie ist in der Regel ein Prozess, der über Jahre und Jahrzehnte dauert.

Interview: Josef Hornsteiner

Artikel 2 von 3