Der billigste Ort der Republik

von Redaktion

Olaf Schade ist Makler im Kyffhäuserkreis in Thüringen. Bei ihm kostet der Quadratmeter Eigenheim weit unter 1000 Euro

München – In Sondershausen wohnt es sich schön. Dort gibt es Berge und Wald, viele Naturschutzgebiete und im Juli die Thüringer Schlossfestspiele. „Wir haben ein 400 Jahre altes Symphonieorchester“, sagt Olaf Schade nicht ohne Stolz. Dazu: barocke und neogotische Bauten, einen stillgelegten jüdischen Friedhof und ein tolles Theater. Schade ist nicht Kulturreferent der Kreisstadt im thüringischen Kyffhäuserkreis, sondern Makler. Und wenn er Kunden eine Immobilie anbietet, ist es im Vergleich zu München fast wie auf dem Flohmarkt. Denn im Kyffhäuserkreis sind Immobilien so billig wie nirgends sonst in Deutschland.

855 Euro, so die aktuelle Studie der Sparda-Banken (siehe oben) kostet ein Quadratmeter in Olaf Schades Maklerreich. Zum Vergleich: Im Landkreis München sind es 7586 Euro. Eigentümer im Münchner Nobelviertel Bogenhausen verlangen für 122 Quadratmeter „in Bestlage“, wie es im Inserat heißt, schon mal eineinhalb Millionen Euro. In Thüringen gibt es dafür ein ganzes Schloss: Zum Beispiel Schloss Könitz – 40 Zimmer, 1767 Quadratmeter, 18 919 Quadratmeter Grund, teilsaniert, Baujahr 1562, provisionsfrei. Preis: 1,49 Millionen Euro. Schade hat auch Günstigeres: zum Beispiel eine Wohnung mit 63 Quadratmetern für 45 000  Euro.

Warum es so billig ist im Kyffhäuserkreis? „Nach der Wende sind 30 Prozent der Bewohner weggezogen“, sagt Schade. Und nicht nur die: Auch die großen Firmen seien weg oder hätten sich stark verkleinert. Doch es wird besser. „In den letzten 20 Jahren haben sich wieder viele kleine und mittelständische Betriebe und Dienstleistungsunternehmen hier angesiedelt.“ Deshalb, sagt Schade, stehe der Kyffhäuserkreis eigentlich wieder ganz gut da – nur die Löhne seien deutlich niedriger als in den alten Bundesländern. „Deshalb kann man hier für Häuser auch nicht das Gleiche verlangen wie in München.“ Dazu komme der Leerstand in vielen Gemeinden. „Das hat sich aber in den letzten fünf Jahren stark gebessert.“

Noch ein Problem: Wer sucht, will kein altes Haus auf dem Land, sondern eine moderne Stadtwohnung. In Sondershausen und der Kurstadt Bad Frankenhausen kann der 59-Jährige den Bedarf genauso wenig decken wie seine Makler-Kollegen in München. „Die Leute stehen zwar nicht Schlange, aber die Nachfrage ist größer als das Angebot.“ Am meisten verkauft Schade Einfamilienhäuser. Investoren kaufen mitunter auch Mehrfamilienhäuser. „Hier werden Immobilien ebenfalls als Geldanlage genutzt.“ Schade glaubt, dass sich die Region bald positiv entwickelt – und die Preise zumindest stabil bleiben, wenn nicht sogar steigen.

Michael Bröskamp hantiert mit ganz anderen Summen. Bröskamp leitet die Abteilung Privatimmobilien beim Münchner Maklerbüro Rohrrer Immobilien. „6798 Euro in München ist ein Durchschnittspreis – so viel kann schon ein Neubau in Höhenkirchen kosten“, sagt Bröskamp. In Münchens Innenstadt bezahle man „bis zu 25 000 Euro für einen Neubau-Quadratmeter“. Eine Wohnung oder ein Haus koste zwischen 800 000 und 1,5 Millionen Euro. Leerstand wie in Thüringen kennt er in München nicht. Noch nie habe er ein Haus nicht verkaufen können, sagt Bröskamp. Meist werde der geforderte Preis von Interessenten sogar noch überboten. Damit sich die Lage entspanne, müsse Bauen in Bayern einfacher werden. „Dann gibt es mehr Angebot.“ Und dann könnten sich auch Polizisten und Pfleger wieder eine Wohnung leisten. NORA LINNERUD

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